Dienstag, 31. März 2009

Bulgari - da waren`s nur noch 4

Es ist ein bisschen wie in dem Roman "10 kleine Negerlein" von Agatha Christie. Im Bulgari-Verfahren verabschiedet sich ein Angeklagter nach dem anderen nach Abgabe einer mehr oder weniger langen Einlassung. So auch heute.
Erfreulicherweise nervten seine Verteidiger nicht mit der Nacherzählung der Anklageschrift, nicht enden wollenden Zitaten hieraus und einer Zusammenfassung der bisherigen Beweisaufnahme wie die Kollegen zuvor. Die abgegebene Erklärung war erfrischend kurz und knapp. Nach Auffassung der Kammer aber zu kurz und zu knapp, denn es kamen reichlich Nachfragen, die der Angeklagte zunächst so beantwortete, dass sie die zuvor abgegebene Einlassung über seine Verteidiger mehr als in Frage stellte. Nach einer Unterbrechung ging es dann doch im Sinne der zuvor abgegebenen Erklärung weiter mit der Folge der Abtrennung.
Spannend wird es werden, wenn die ersten "Abgetrennten" als Zeugen Rede und Antwort stehen müssen. Für Nichtkenner: ein Angeklagter ist nicht verpflichtet, die Wahrheit zu sagen, ein Zeuge schon.

RVG ist kein Anwaltsprogramm

Die Suche nach einer Reno wird immer skurriler. Eben rief eine Bewerberin an, die sich anpries wie sauer Bier. Ich stoppte ihre Ausführungen mit dem Satz: "Wie fit sind Sie denn im RVG?"
Antwort: "Also bislang habe ich mit RA-M..... und Advo.... gearbeitet, aber ich arbeite mich immer sehr schnell in Anwaltsprogramme ein."
Ich: "RVG ist kein Programm, sondern Gebührenrecht."
Sie: "Ach so. Nein, das sagt mir nichts."

Bedenkt man mal, dass das RVG schon ein paar Jährchen alt ist, ist die Unkenntnis von Bewerbern in dieser Materie in etwa so als wenn eine Friseurin sich auf einen Job bewirbt, die weder Dauerwelle noch Lockenwickler kennt.

Donnerstag, 26. März 2009

"Ich weiß nicht, was ich hier soll", sprach der Pflichtverteidiger...

Schon vor Wochen hatte ich mich als Wahlverteidigerin für meinen Mandanten bestellt und war davon ausgegangen, dass das Gericht die schon lange zurückliegende Bestellung des Pflichtverteidigers aufheben würde. Dem war nicht so, denn heute Morgen beim Amtsgericht P. erschien Herr Kollege B., den das dortige Gericht beigeordnet hatte. Auf die erstaunte Frage meines Mandanten, wieso er denn auch erschienen sei, antwortete der Kollege: "Ich weiß auch nicht, was ich hier soll. Naja, schau´n mer mal". Was und worin er geschaut hätte, erschloss sich mir nicht, denn er hatte nicht mal eine Akte dabei, wenn man mal von seiner Handakte absieht, in der sich nur wenige Blätter befanden. Vermutlich hätte er aus dem Inbegriff der Hauptverhandlung geschöpft und sich ansonsten darauf verlassen, dass Gericht und Staatsanwaltschaft schon alles richtig machen.
Dies alles bleibt jedoch Spekulation, denn das Gericht gab meinem Antrag nach § 143 StPO statt und entpflichtete den Kollegen.

Mittwoch, 25. März 2009

Bulgari - da waren´s nur noch 5

Heute wurde der dritte der insgesamt 8 Angeklagten im Koblenzer Bulgari-Verfahren abgetrennt. Seine Verteidiger hatten eine Verteidigererklärung für ihn verlesen, die er dann auf Frage des Gerichts bestätigte, was die Verteidigererklärung damit zur Einlassungen des Angeklagten machte. Wo er schon mal dabei war, sich einzulassen, stand er auch dem Gericht und der Staatsanwaltschaft für Nachfragen zur Verfügung.
Als dann einer der Verteidiger Fragen hatte, zierten sich die Verteidiger des Angeklagten ein wenig und ließen ihren Mandanten nicht auf jede Frage antworten. Das Ganze gipfelte dann in der Bemerkung eines seiner Verteidiger gegenüber dem fragenden Kollegen, die sinngemäß lautete, diese Frage werde sein Mandant nicht beantworten und dies sei nicht zuletzt im Interesse seiner (des fragenden Kollegen) Mandantin. Hoppla. Missstimmung auf den letzten Metern kam auf.
Ich fürchte, dass auch dieser abgetrennte Angeklagte demnächst als Zeuge benannt werden wird um dann ggf. auch diejenigen Fragen zu beantworten, die er heute als Angeklagter nicht beantworten wollte oder von denen zumindest sein Verteidiger nicht wollte, dass er hierauf antwortet.

Dienstag, 24. März 2009

Bitte wecken Sie Ihre Verteidigerin rechtzeitig

Die Tücken der Technik spielten mir vor zwei Wochen einen Streich. Was hatte ich ihn gepriesen, den elektronischen Terminkalender. Wie gut waren wir beide immer miteinander klargekommen, der elektronische Kalender und ich - unsere kleine Welt schien in Ordnung. Zumindest bis ich wie so oft im Sitzungssaal saß und telefonisch mit meinem Büro die Terminsvorschläge abstimmte, die das Gericht vorgab. Als zwei Richter, zwei Schöffen, zwei Verteidiger und zwei Angeklagte dann ein paar gemeinsame Termine gefunden hatten, sagte ich zu meiner Mitarbeiterin sinngemäß, dass das nun alle Termine seien und sie die restlichen löschen könne. Das tat sie und löschte dabei natürlich auch den bereits zuvor bestimmten Termin, zu dem dann weder mein Mandant noch ich zunächst erschienen sind. Ich kann von Glück sagen, dass ich am Morgen dieses Termins, der nicht mehr in meinem Kalender auftauchte, rechtzeitig im Büro war. Rechtzeitig genug jedenfalls um den besorgten Aufschrei meiner ansonsten eher unerschrockenen Reno hören zu können, die die Vorsitzende am Telefon hatte.
Der Termin begann mit halbstündiger Verspätung sowie einer trotz dieses Umstandes recht entspannten Vorsitzenden, die den nächsten Termin auf 8.30 Uhr bestimmte (statt 9.00 Uhr) und meinen Mandanten bat, er möge mich am fraglichen Tag bitte morgens anrufen und rechtzeitig wecken, damit mein Erscheinen zum Termin sichergestellt sei.
Der Termin findet morgen statt. Er ist eingetragen. Im meinem elektronischen Kalender und - in einem nicht elektronischen Kalender, den ich seither wieder führe.

Montag, 23. März 2009

Nebenklägerin erzählt Geschichten

Im Koblenzer Bulgari Verfahren sagte heute zur Abwechslung mal eine Nebenklägerin aus, die erreichbar war. Das, was sie aussagte, war allerdings so gar nicht das, was sie vor gut einem Jahr der Polizei zu berichten gewusst hatte. Vielfach berichtete die Zeugin gänzlich andere Sachverhalte, so dass sich bei einigen Beteiligten schon der Eindruck aufdrängte, es müsse eine völlig andere Person im Zeugenstand sitzen.
Anwaltlich vertreten war sie übrigens auch, wobei die Kollegin keine Akte dabeihatte und sich vor diesem Hintergrund gar nicht erst die Mühe machen musste, die vielzähligen Vorhalte der Kammer aus der polizeilichen Vernehmung nachzuvollziehen.
Vielleicht war auch das zumindest körperliche Verhandensein der Nebenklägervertreterin der Grund, weshalb die Kammer die Zeugin nicht nochmals ausführlich über ihre Aussageverweigerungsrechte belehrte, denn wenn man einmal davon ausgehen will, dass sie heute keine Falschaussage gemacht hat, dann können die Angaben bei der Polizei nicht ganz gestimmt haben, was streng genommen eine falsche Verdächtigung darstellt. Wie man es dreht und wendet: der Beweiswert der Zeugin ist (zurückhaltend formuliert) - überschaubar.

Samstag, 21. März 2009

Fürsorgepflicht des Gerichts im Bußgeldverfahren

Ob sich das Amtsgericht R. wohl Sorgen macht, ich könne meinen Mandanten nicht genügend vor drohendem Unheil bewahren?
Es schickt mir folgendes Schreiben
"Ich weise sie im Hinblick auf die dem Gericht obliegende Fürsorgepflicht gegenüber Betroffenen auf Folgendes hin: Der Einspruch ist bislang nicht begründet worden (stimmt). Das Gericht ist nach Prüfung der bisherigen Aktenlage zu dem Ergebnis gekommen, dass es für den Fall, dass es nach den jetzigen Ernmittlungsergbnissen entscheiden müsste, keine von dem Bußgeldbescheid abweichende Entscheidung treffen könnte (soso). Es wird angefragt, ob der Einspruch aufrecht erhalten wird (aber klar). Für den Fall der Hauptverhandlung wird angefragt, ob Einverständnis mit einer Verlesung von Messprotokoll und dienstlicher Erklärung des für die Messung überwachenden Beamten sowie des Eichscheins des verwendeten Messgeräts erklärt werden kann (aber nie und nimmer). Ansonsten bedürfte es ggf. der Ladung und Vernehmung der Beamten (nur zu, ich vernehme gerne)."
Ein Verteidiger, der der Verlesung wie vom Gericht vorgeschlagen zustimmt, sollte die Finger von Straf- und Ordnungswidrigkeitensachen lassen.
Der Richter beim Amtsgericht R. muss sich also keine Sorgen machen.

Freitag, 20. März 2009

Messbeamter definiert "Alleinmessung"

Heute hatte ich das Vergnügen, beim Amtsgericht L. den Messbeamten POK H. kennenzulernen. Die Messung lag etwas über eineinhalb Jahre zurück und eine konkrete Erinnerung an sie hatte Herr H. nicht mehr.
Was er aber noch genau sagen konnte, war, dass er immer nur "Alleinmessungen" vornehme, also Messungen, bei denen kein anderes Kfz wegen Nähe zum gemessenen Fahrzeug stattdessen gemessen werden kann. Nun ist es relativ unwahrscheinlich, dass sich auf einer Autobahn weit und breit nur ein Fahrzeug befindet, weshalb ich ihn bat, zu definieren, welche Abstände zu "umliegenden" Fahrzeugen mindestens vorliegen müssten, damit er von einer Alleinmessung ausginge. Hierbei stellte sich heraus, dass mindestens 50 Meter zwischen zwei Fahrzeugen sein müssten, falls diese nebeneinander herfahren, entsprechend weniger.
Weshalb sein Kollege, der das Messprotokoll führte, aber nun ausgerechnet im Falle meines Mandanten in die betreffende Spalte nicht den Vermerk "allein" geschrieben hatte, sondern nur "linke Spur", wohingegen bei den anderen gemessenen Fahrzeugen zum Teil "allein", "linke Spur", "mittlere Spur" o.ä. stand, konnte er nicht erklären. Sein Kollege übrigens auch nicht, denn der war nicht geladen worden. Meinem Beweisantrag auf Vernehmung des Kollegen des Herrn H. wird das Gericht nachgehen und ich bin schon sehr gespannt, welche Definition von "Alleinmessung" er auf Lager hat. Das Verfahren wurde ausgesetzt.

Donnerstag, 19. März 2009

Von Richtertricks und langen Bärten

Jeder Strafverteidiger kennt ihn, den alten Richtertrick: einfach mal bei einer Reno nachzufragen, wenn der Angeklagte nicht geladen werden konnte und sich keine Vollmacht bei der Akte befindet. Aus berufenem Munde weiß ich, dass er bisweilen klappt und manche Reno froh ist, dem netten Richter helfen zu können.

Für alle Nichtjuristen vereinfacht am Fall eines Berufungsverfahrens dargestellt: wenn ein Angeklagter mangels Adresse nicht geladen werden kann, muss sich das Gericht auf die Suche nach ihm begeben. Ausnahme: in der Akte befindet sich eine schriftliche Vollmacht des Verteidigers. Für diesen Fall erfolgt eine Ladung an den Verteidiger quasi als Vertreter des Angeklagten. Erscheint dann der Angeklagte nicht in der Hauptverhandlung, findet die Hauptverhandlung trotzdem statt, was beispielsweise in Berufungsverfahren für den Angeklagten nicht vorteilhaft ist, § 329 I StPO.

Doch nun zurück in den Büroalltag. Anruf des Richters (es geht um ein Berufungsverfahren), der von meiner Reno die Adresse meines Mandanten wissen möchte. Sie ist höflich und sagt, dass sie keine persönlichen Daten von Mandanten herausgeben dürfe. Der Richter hakt nach und meint, es sei wichtig, sonst könne die Verhandlung nicht stattfinden. Das, so meine Reno, sei sicherlich bedauerlich, ändere aber nichts daran, dass sie sich an meine Weisung gebunden sehe. Der Richter wird nun etwas ungehalten. Ich hätte da ganz sicher nichts dagegen und es wäre schließlich auch mein Interesse, dass verhandelt werden könne. Im Übrigen sei er es nicht gewohnt, so behandelt zu werden und er erwarte jetzt, dass ihm die Adresse mitgeteilt würde. Das war zuviel. Im Gegenzug bekam er von meiner Reno zu hören, dass sie sich weder unter Druck setzen noch aushorchen lasse. Der Trick mit dem Anruf beim Verteidiger sei ihr hinlänglich bekannt, der habe nämlich "sooooo einen Bart". Das Gespräch wurde dann einseitig beendet. Kommentar meiner Reno: "Hoppla. Aufgelegt."
Na sowas!?

Psychosomatische Sekretärin stellt sich vor

Eigentlich hatte ich ja eine Reno gesucht als ich die Stellenanzeige aufgab - was dann aber an Bewerbungen kam, war zum Teil schon stark.
Es scheint viele Jobsuchende zu geben, die sich auf jede Stelle bewerben, in der es auch nur im Entferntesten um Büroarbeiten zu gehen scheint. So kam es, dass ich Bürokaufleute, Werbekaufleute, Hausfrauen usw. aussortiert habe.
Den Vogel schoß allerdings eine Dame ab, die als vorherige Tätigkeit angab: "Meine letzte Tätigkeit war im Krankenhaus E., Psychosomatik als Sekretärin."
Psychosomatik als Sekretärin - klingt ein bisschen wie ein VHS Kurs, wahrscheinlich parallel zu buchen mit dem Kurs "Psychiatrie als Schreibkraft".

Mittwoch, 18. März 2009

Psychiatrie in Deutschland - Verteidigergedanken

Vor Kurzem hatte ich noch über Banalitäten einer Anhörung in der Psychiatrie berichtet im Zuge dessen mir ein Leser meines Blogs folgenden Link zusandte.
Der Artikel von Sabine Rückert schildert eindrucksvoll die Realität an deutschen psychiatrischen Klinken. Er erzählt von der Hoffnungslosigkeit der Insassen und den Bestrebungen eines Verteidigers, seinen Mandanten vor den Imponderabilien des Klinikalltags zu schützen und so dazu beizutragen, dass seine Zeit dort endlich ist und nicht jedes Jahr aufs Neue das geflügelte Wort "Ende gut, Nette Gut" bemüht werden muss.
Wenn es in dem Artikel aber heisst, dass das Gericht sich jedes Jahr der Hilfe eines Sachverständigen bedient, der eine Gefährlichkeitsprognose über den jeweiligen Patienten erstellt, dann ist dies leider nur die halbe Wahrheit. Erwähnenswert ist in diesem Zusammenhang nämlich, dass der "Gutachter" meist der behandelnde Arzt ist. Unterzeichnet ist das Gutachten immer von einem Triumvirat, bestehend aus Klinikchef, Oberarzt und Assistenzarzt. Wie objektiv die behandelnden Ärzte bei der Erstellung des Prognosegutachtens sein können, wenn es um das Therapiekonzept der eigenen Klinik geht, mag man sich vorstellen. Netzbeschmutzendes oder auch nur Kritisches habe ich noch in keinem der zahlreichen Gutachten gelesen, die ich im Zuge meiner Tätigkeit in Unterbringungsverfahren gelesen habe. Wenn Therapieerfolge nicht zu verzeichnen sind, liegt es im Zweifel an der fehlenden Medikamentencompliance des Patienten, der Erkrankung selbst, die zur "Versandung der Persönlichkeit" führt oder an der Krankheitsuneinsichtigkeit des Patienten, jedenfalls aber nicht am Therapiekonzept, der Mediakation, dem Mangel an Personal, der Personalfluktuation oder einer Kumulation aus den letztgenannten Faktoren.
Will man als Verteidiger etwas für seinen Mandanten tun, dann stellt man wie der im Rückert-Artikel erwähnte Kollege dies offenbar getan hat, einen Antrag auf Einholung eines externen Gutachtens, damit ein klinikfremder Psychiater den Mandanten begutachtet. Leider sieht das Gesetzt keinen Anspruch auf Einholung externer Gutachten in ebenso regelmäßigen Zeitpunkten vor wie Anhörungstermine bei der Strafvollstreckungskammer. Im Klartext: externe Gutachten sind gar nicht vorgesehen und wenn nicht der Verteidiger auf den Busch klopft, tut sich jahrelang erstmal gar nichts mit Ausnahme der "Gutachten" der Klinik. BTW: Unterbringungssachen sind bisweilen recht beliebte Verfahren für vom Gericht eingesetzte Pflichtverteidiger, die sich gerne durch eine gewisse Stromlinienförmigkeit auszeichnen, bisweilen nicht wirklich Ahnung von der Materie haben und Anträge nur aus Formularbüchern kennen.
Hat man es jedoch geschafft, ein externes Gutachten zu erstreiten, hat man, egal zu welchem Ergebnis es gelangt, als Verteidiger das gute Gefühl, seinen Mandanten nicht gänzlich der Klinikmaschinerie ausgesetzt zu wissen und gleichzeitig das schlechte Gefühl, dass ein Kampf gegen Windmühlen in die nächste Runde geht.

Dienstag, 17. März 2009

Unterbringung im Frauenhaus oder Freudenhaus

Die im Koblenzer Bulgari Verfahren ehemals ermittelnde Staatsanwältin wurde heute als Zeugin vernommen. Nachdem sie zunächst bekundet hatte, eine umfassende Aussagegenehmigung zu haben, wollte sie bei der Frage, wo die Ermittlungsbehörden denn die angeblich zur Prostitutiion gezwungenen bulgarischen Frauen zwischen polizeilicher Vernehmung und Vernehmung vor dem Haftrichter untergebracht hätten, nicht so recht raus mit der Sprache. Nachdem geklärt war, dass sie auch diese Frage beantworten darf und muss, erklärte sie, man habe die Frauen in einem Hotel untergebracht.
Einer der Verteidiger wollte es genauer wissen, denn es war auch schon einmal die Rede davon gewesen, dass nicht alle Frauen im Hotel untergebracht gewesen seien, sondern einige im Frauenhaus. Und so fragte der Kollege nach dem Namen des Freudenhauses. Auf das allgemeine Prusten der Kollegen hin korrigierte er dann und fragte nach dem Frauenhaus.
Ob es sich bei dem Freudenhaus um einen Freud´schen Versprecher oder einen einfachen Versprecher handelte, wird man - wie so viele Dinge in diesem Verfahren - nicht ermitteln können.

Die Geister, die er rief...

... setzten einem meiner Mandanten gestern ganz schön zu.
Sein Auto war auf dem Parkplatz eines Supermarktes beschädigt worden. Eine ältere Dame, die neben ihm geparkt hatte, hatte die Tür ihres Autos gegen die Tür seines Auto gestoßen und hierdurch eine hässliche Schramme verursacht.
Mein Mandant rief die Polizei zwecks Unfallaufnahme und staunte nicht schlecht, als einer der Beamten ihn aufforderte, einen freiwilligen Drogentest mitzumachen. Angeblich bestünden Anhaltspunkte dafür, dass er unter Drogeneinfluss stehe.
Nachdem mein Mandant sich geweigert hatte, bekam er eine freundliche Einladung auf die Wache. Ihm wurde Blut entnommen. Dann rief er mich an und fragte, was zu tun sei. Leider konnte ich ihm nicht mehr sagen als ein schlichtes "Abwarten". Das Ganze passierte übrigens nach 17 Uhr. Ich bin gespannt ob ich in der Akte eine richterliche Anordnung der Blutentnahme finden werde.

Freitag, 13. März 2009

Gescannter Verteidiger

Ich weiß nicht, durch wieviele dieser Metalldetektorrahmen ich schon geschickt wurde, ob in Flughäfen, JVAs oder psychiatrischen Kliniken. Eines hatten alle gemeinsam: sie quietschten fast beleidigt auf wann immer ich durchging. Inzwischen weiß ich, das Quietschen bezog sich in meinem Falle meist auf die Metallteile an bzw. in meinen Schuhen. Diejenigen Damen und Herren, die offensichtlich an diesen Geräten ausgebildet sind, scheinen das zu wissen und zucken meist nur mit den Schultern. Das tat auch die freundliche Dame, die in einer psychiatrischen Klinik Dienst tut, die ich vor Kurzem besuchte. Meine Jacke hatte ich in einen Kasten legen müssen, der dann durch einen Röntgenapparat geschickt wurde. Unauffällig. Nur Schlüssel in den Taschen. Meine Tasche wurde übrigens nicht kontrolliert. Nicht, dass ich ein Mobiltelefon dabeigehabt hätte, aber ansonsten hatte ich so ziemlich alles am Mann bzw. an der Frau, was man neben einem Portemonnaie so gemeinhin in Damenhandtaschen finden kann: Lippenstifte, Haarspray, Parfum, Nagellack, Handcreme, Sterilium (je nachdem, wer einem die Hand gibt sehr zu empfehlen für die Nachbehandlung), Nasenspray und sonstige Dinge des täglichen Bedarfs, die den JVA Beamten in Koblenz in Zeiten als man seine Tasche noch mit reinnehmen durfte entweder Zornesfalten oder ein breites Grinsen ins Gesicht gezaubert hatten. Ich bin sicher, dass auch die freundliche Dame entweder die eine oder die andere Reaktion gezeigt hätte, hätte sie meine Handtasche geröngt. Hat sie nicht. Warum nicht, weiß ich nicht. Nehmen wir mal an, es ginge um die Sicherheit innerhalb der Anstalt, dann hätte sie mich eigentlich gar nicht kontrollieren müssen, weil ich so ein liebes Menschenkind bin. Sie kennt mich aber nicht und wer weiß, ob sie dann noch meiner Meinung wäre.

KGB in der Klappse

Alle Jahre wieder hieß es auch heute wieder: Anstellen im Nette Gut. Das Nette Gut ist eine forensische Fachklinik, in der u.a. nach § 63 StGB untergebracht wird. Die Untergebrachten werden einmal jährlich von der Strafvollstreckungskammer angehört.
Hierzu lädt die Kammer grundsätzlich auf 10.00 Uhr vormittags. Man trifft immer die üblichen Verdächtigen, nämlich Strafverteidigerkollegen aus dem näheren und weiteren Umfeld und stets aufs Neue steht der Flur voll mit Untergebrachten und deren Betreuern, Ärzten und Anwälten.
Bereits gegen 10.15 Uhr sind es gefühlte 38 Grad und weil es keine zu öffnenden Fenster (Hochsicherheitstrakt) gibt, riecht es wie im Pumakäfig. Das lustige Drängeln beginnt. Jeder will so schnell wie möglich in den klimatisierten Raum, in dem die Strafvollstreckungskammer bei Kaffee, Gebäck und Brötchen (kurz: KGB) tagt, hinein und bald wieder raus. Wer seinen Mandanten schon "bei Fuß" hat, ist im Vorteil.
Also alles wie immer. Doch halt: etwas ist neu. Es gibt jetzt auch für Verteidiger KGB. Etwas versteckt zwar am Ende des Flures in der "Bibliothek", aber der kulinarische Dreiklang deutscher Tagungen ist vorhanden. Begeisterung macht sich breit. Also nichts wie raus aus dem Pumakäfig und rein in die Bibliothek. Das Warten verkürzte sich so auf gefühlte 5 Minuten. Wer immer die Idee dazu hatte - danke!

Donnerstag, 12. März 2009

Dienstbeflissener Messbeamter

Ich mag sie irgendwie, die Vorwegverteidiger, die, die noch bevor der Verteidiger Luft geholt hat um eine Frage zu stellen, schon wortreich bekunden, dass alles in bester Ordnung ist.
So auch gestern.
Geschwindigkeitsübertretung, Messung mit Einseitensenorgerät, Messbeamter als Zeuge.
Seine Aussage lautete verkürzt etwa wie folgt: das mache ich seit Jaaaahren so, also hab ich das auch am fraglichen Tag so gemacht. Hoppla, die Testbilder sind nicht in der Akte, aber ich habe heute Morgen noch gesehen, dass wir sie in der Dienststelle haben und die waren in Ordnung.
Hier ist übrigens mein Schulungsnachweis, der stammt aus Mai 2005 und betrifft das Messgerät, aber ich wurde in 2008 auf das Nachfolgemodell geschult und die Geräte funktionieren ähnlich.
Ich konnte nur noch fragen, ob er an die konkrete Messung eine Erinnerung hat, was er verneinen musste. Angesichts derart großer behaupteter Routine wäre jede anderslautende Antwort nicht nachvollziehbar gewesen. Ich habe ihn nicht gefragt, warum die angegebenen Bildnummern auf Anhörungsbogen und Bußgeldbescheid nicht identisch waren, sondern nach seiner Entlassung einen Beweisantrag auf Einholung eines Gutachtens gestellt. Die Sache wird demnächst fortgesetzt - mit Gutachter.

Dienstag, 10. März 2009

Theo wir fahr´n nach Lom - bulgarische Zeugin bleibt wo sie ist

Ehrlich gesagt: es hätte mich gewundert, wenn die Zeugin den beschwerlichen Weg von Vidin nach Koblenz auf sich genommen hätte um im Bulgari Verfahren auszusagen.
Die Ladung konnte ihr zugestellt werden im Wege der Rechtshilfe. Damit war schon mehr erreicht als bei anderen Zeuginnen in diesem Verfahren, denen nicht einmal die Ladung zugestellt werden konnte oder die sich an Orten aufhalten, die nur ihre Nebenklagevertreterin kennt.
Nachdem die Zeugin damit nicht als unerreichbar zu betrachten ist, hat die Verteidigung beantragt, diese entweder durch den beauftragten Richter an ihrem bulgarischen Wohnort vernehmen zu lassen, § 223 StPO oder aber sie mittels Videotechnik zu vernehmen, § 247a Satz 1, 2. Halbsatz StPO.
Das Gericht hat über diese Anträge noch nicht entschieden. Für den nächsten Verhandlungstag wurden die Polizeibeamten geladen, die die Zeugin vernommen haben. Dass dies eine Aussage der Zeugin in der Hauptverhandlung nicht ersetzen kann und dass Aussagen von Verhörspersonen ein anderer Beweiswert zukommt, bedarf keiner näherern Darlegung. Was aber zu diskutieren sein wird, ist der Umstand, dass die Zeugin nach dem Gesetz zwar erreichbar ist, es aber offensichtlich lieber nicht wäre.
Manch ein Prozessbeteiligter denkt angesichts der abwesenden Zeuginnen schon an einen gemeinsamen Ausflug aller Beteiligter nach Bulgarien im Sinne der Sache, getreu dem Motto: wenn der Hund nicht zum Knochen kommt, kommt der Knochen zum Hund. Für diesen Fall würde es in Anlehnung an einen Schlager aus den 70er Jahren dann irgendwann heissen "Theo wir fahr´n nach Lom".

Bulgari Verfahren - Dolmetscher schämt sich

Es übersetzte der Dolmetscher für die englische Sprache die Worte des denglisch sprechenden Angeklagen mit: "Er will ihr was schicken". Das passte nun so gar nicht in den Kontext des Gesprächs, so dass die Vorsitzende dazwischenfunkte: "Das heisst doch nicht schicken. Ficken ist gemeint." Daraufhin der Dolmetscher: "Oh, das kann sein. Ich habe mich nicht getraut, das so zu übersetzen."
Offensichtlich hat der very british wirkende Dolmetscher noch nicht oft mit Übersetzertätigkeiten zu tun gehabt, die sich sprachlich nicht zwingend am Hochreck anzusiedeln sind und vielleicht ist er auch zu gut erzogen, als dass derart umgangssprachliche Wörter zu seinem Sprachschatz dazuzählten. Das allerdings dürfte ihn nicht dazu veranlassen, Dinge falsch zu übersetzen, nur damit sie mit seinen Vorstellungen vom gepflegten Smalltalk konform gehen.
Er sollte sich ruhig was trauen, der Herr Dolmetscher und künftig richtig - meinetwegen auch mit stuff upperlip - übersetzen.

Mutter im Zeugenstand sorgte für Gelächter

Manchmal hat es etwas Rührendes, wenn Mütter von Angeklagten oder Geschädigten in den Zeugenstand treten. Heute war die einzig Gerührte jedoch die Mutter des angeblich Geschädigten. Derselbe ist Albaner, Anfang 20, groß, kräftig, wegen Körperverletzungsdelikten vorbestraft und hatte kurz zuvor ausgesagt, meine Mandantin (Typ zarte Elfe) und der Mitangeklagte (mittelgroß, schlaksig) hätten ihn mittels Schlägen und unter Einsatz eines Messers erheblich verletzt. Angst habe er nicht gehabt, er wisse sich schon zu wehren und wenn sich die Polizei nicht seiner Anzeige angenommen hätte, dann hätte er die Sache inzwischen längst selber geregelt, sich einen "Basie (gemeint ist ein Baseballschläger) geschnappt und die plattgemacht". Am Tag nach dem von ihm geschilderten Vorfall seien die Angeklagten dann bei ihm zuhause aufgetaucht (dort wohnt er mit seiner noch kräftigeren Mutter und zwei noch kräftigeren Brüdern) um erneut Stress zu machen, wobei sie dann aber irgendwann gleichsam unter Absingen schmutziger Lieder und Beschimpfungen wieder verschwunden seien.
Hierzu die Version der Mutter, die den Angeklagten geöffnet haben will: Die Angeklagten hätten ihren Sohn vor ihren Augen umbringen wollen. Sie selbst habe die Angeklagten jedoch herausdrängen können um ihren Sohn zu beschützen, den sie danach tagelang nicht vor die Tür gelassen habe aus Angst, die Angeklagten könnten ihm erneut wehtun. Ihr Sohn habe bis heute Alpträume, schrecke nachts im Schlaf hoch und leide noch immer unter dem Vorfall, der schon mehr als ein Jahr her sei. Damit sei ihr Sohn quasi tot.
Diese Aussage vermochte sogar das Gericht zu erheitern, so dass in einem anschließenden Rechtsgespräch die Möglichkeit einer Einstellung erörtert wurde. Hierdurch sind mir (zumindest vorläufig) 8 weitere Zeugen erspart geblieben, wobei ich bezweifle, dass deren Unterhaltungswert den der Mutter des Zeugen übertroffen hätte. Bis zum Fortsetzungstermin in zwei Wochen soll schriftlich geklärt werden, ob das Verfahren eingestellt wird oder nicht.

Freitag, 6. März 2009

Humorige Strafkammer

Das Verhältnis zwischen den Kammermitgliedern und einem Mitverteidiger ist nicht ganz unbelastet. Als es heute darum ging, einen Sprungtermin zu bestimmen, kündigte der Kollege an, wenn dieser Termin nicht länger dauere als eine Viertelstunde, erscheine er selbst zum Termin, anderenfalls schicke er einen Kollegen.
Daraufhin der Beisitzer: "Dann dauert er 20 Minuten."

Donnerstag, 5. März 2009

TKÜ auf Denglisch

Kennen Sie Denglisch? Nein? Ich bis gestern auch nicht. Heute weiß ich: es ist eine Mischung aus Deutsch und Englisch und wird meisterhaft beherrscht von einem der Angeklagten im Koblenzer Bulgari-Verfahren.
Kostproben gefällig?
"I hol you ab", "He wants to do it without Präservativ" oder "Wat mean you?"
Der Dolmetscher für die englische Sprache schien ein wenig überfordert angesichts dieser sprachlichen Ergüsse und war redlich bemüht, den geneigten Zuhörern einen Sinn zu vermitteln. Zu diesem Zweck übersetzte er Zeitformen, die der Angeklagte unstreitig gar nicht beherrschte, was den Verteidigern, von denen wohl alle viele Jahre Schulenglisch genossen haben, auffiel. Sodann wurde auf Rüge der Kammer an den Dolmetscher wieder linear übersetzt mit dem Erfolg, dass es zwar nervig blieb, zumindest aber nicht langweilig wurde.
Sollte das Gericht diesen Angeklagten irgendwann einmal verurteilen, freisprechen oder das Verfahren gegen ihn einstellen, hätte ich einen Vorschlag: als Auflage mindestens 3 Jahre VHS Kurs in Englisch - ohne Bewährung versteht sich.

Mittwoch, 4. März 2009

Bulgari Verfahren - da waren´s nur noch 6

Abtrennung Nummer 2 im Bulgari-Verfahren fand heute statt. Dieses Mal wurde ein Verfahren gegen einen Bordellbetreiber nach § 153a StPO gegen eine Geldauflage in Höhe von € 2.500 eingestellt.
Die Vertreterin der Nebenklägerin, die in Bulgarien nicht erreichbar ist und deren Aufenthaltsort ihre Anwältin nicht preisgeben will, wollte für ihre Mandantin zumindest ein "symbolisches Schmerzensgeld" herausschinden.
Die Kammer sah sich nicht veranlasst, dem Angeklagten dies aufzugeben. Ob sie hierbei getreu dem Motto: "wer hier nicht als Zeugin erscheint und auch sonst kein Interesse am Prozess dokumentiert, braucht auch nicht die Hand aufzuhalten" verfahren ist, kann ich nur vermuten.
Von einer Auferlegung der Kosten dieser Nebenklage an den Angeklagten hat die Kammer ebenfalls abgesehen.

Nebenklägerisches Verfahrensinteresse

Bisweilen fragt man sich, was Ziel mancher Nebenklage sein soll.
Im Koblenzer Bulgari Verfahren sind derzeit drei Kolleginnen damit befasst, bulgarische Frauen als Nebenklägerinnen zu vertreten. Der Schützling einer Kollegin konnte in Bulgarien nicht ermittelt werden, zumindest nicht von den dortigen Behörden, die im Wege der Rechtshilfe damit befasst sind, u.a. Ladungen zu den in Koblenz stattfindenden Gerichtsterminen an die Zeuginnen zuzustellen. Es schien als fehle von der Zeugin jede Spur.
Als einer der Verteidiger dies zum Anlass nahm, die Berechtigung der Nebenklage in Frage zu stellen, erklärte die Kollegin, ihr Büro habe vor einigen Wochen telefonischen Kontakt zu der Zeugin gehabt, die erklärt habe, sie habe große Angst. Sie wisse auch, wo sich die Zeugin aufhalte, sei jedoch nicht bereit, dem Gericht die Adresse der Zeugin mitzuteilen.

Diese Haltung mag man nachvollziehen können oder auch nicht. Ich selbst tue mir schwer. Wer Verletzter einer Straftat ist, hat das Recht, die Zulassung der Nebenklage zu beantragen und sich anwaltlich vertreten zu lassen. Nebenkläger sind nicht verpflichtet, an der Hauptverhandlung teilzunehmen, sie können jedoch eigene Anträge stellen, haben (wenn auch beschränkte) Rechtsmittel gegen ein ergehendes Urteil, haben Fragerechte wie die anderen Verfahrensbeteiligten usw.. Sie müssen indes die Verurteilung der Angeklagten erstreben. Dies ist der Grund, weshalb der Gesetzgeber ihnen eine besondere Stellung einräumt und ihnen besondere (Schutz)rechte zubilligt. Dies alles ist nicht zu beanstanden.

Wenn nun aber eine Nebenklägerin zumindest schlüssig zu erkennen gibt, dass sie als Zeugin nicht zur Verfügung stehen möchte - gleich aus welchem Grund - muss die Frage aufgeworfen werden, ob darin nicht ein konkludenter Verzicht auf die Rechte als Nebenkläger zu sehen ist mit der Folge, dass die Zulassung der Nebenklage widerrufen werden muss.
Das Gericht tat sich schwer mit der Verbescheidung des seitens der Verteidigung gestellten Antrages auf Widerruf der Nebenklage und lehnte diesen ab mit der Begründung, von einer längeren bewussten Nichtausübung der Rechte der Nebenklage könne nicht ausgegangen werden. Ich bin gespannt, wie lange sich diese Argumentation noch aufrechterhalten lassen wird. Vielleicht sollte beantragt werden, der Nebenklägerin über ihre Vertreterin, die in Kontakt zu ihr stehen will, eine Frist aufzugeben, innerhalb derer sie dem Gericht mitzuteilen hat, unter welcher Anschrift sie geladen werden kann und für den Fall des fruchtlosen Fristablaufs davon ausgegangen werde, dass die Rechte der Nebenklage nicht weiter ausgeübt werden sollen.
Damit wäre die Kollegin in der Pflicht, ihrer Mandantin ein klein wenig deutsches Prozessrecht näher zu bringen, vielleicht verbunden mit der allgemeinen Lebensweisheit, dass wer "A" sagt auch "B" sagen muss.

Dienstag, 3. März 2009

Nebenklägerisches Vergnügen - die Fortsetzung der Provinzposse

Es hatte solche Spaß gemacht, meinen Mandanten in der Nebenklage zu vertreten. Zur Erinnerung: er und sein Kumpel waren mal zur falschen Zeit am falschen Ort und hatten hierfür ordentlich was auf die Mütze bekommen. So ordentlich jedenfalls, dass der Arm des Kumpels gleich zweifach gebrochen war, die Brille meines Mandanten ins Altglas gehörte und mein Mandant selbst diverse Blessuren zu beklagen hatte. Die vier Angeklagten, die ihre Einlassungen nicht aufeinander abgestimmt und folglich - nenne wir es mal interessante - Einlassungen zum Besten gegeben hatten, räumten schließlich die Tatvorwürfe ein und damit ging ein Glanzstück mitteldeutscher Verteidigerkunst zu Ende.

Heute wurde der Nachkriegsschauplatz verhandelt: einer der ehemaligen Angeklagten sowie dessen Freundin hatte meinen Mandanten beschuldigt, Stunden nach der rüden Behandlung an den Tatort zurückgekehrt zu sein. Er soll dem ehemaligen Angeklagten eine Pistole an den Kopf gehalten haben um sich für seinen Kumpel zu rächen. Die Pistole habe er aber irgendwann wieder eingesteckt und dann habe man sich noch friedlich unterhalten. Mein Mandant staunte nicht schlecht, als ihm wegen dieses angeblichen Vorfalls ein Strafbefehl ins Haus flatterte.

Die Verhandlung über den Einspruch gegen diesen Strafbefehl fand heute statt. Mein Mandant bestritt die Tat. Er habe an diesem Abend schon genug Schläge kassiert und ein Zurückkehren an den Tatort (noch dazu alleine) wäre ihm viel zu gefährlich erschienen. Eine Waffe habe er nie besessen, viel weniger habe er jemals einer anderen Person eine Waffe an den Kopf gehalten.
Die beiden Zeugen der Anklage schilderten einen Tatablauf, der mit ihren Angaben im Ermittlungsverfahren schon schwerlich in Übereinklang zu bringen war. Die Freundin, die das Geschehen angeblich beobachtet haben will, konnte weder erklären, weshalb sie angesichts eines Pistole am Kopf ihres Liebsten nicht sofort die Polizei verständigte, noch vermochte sie sich an die Pistole selbst erinnern.

Erfreulicherweise aber konnte sich die Mutter meines Mandanten noch daran erinnern, dass er völlig aufgelöst und lädiert zuhause angekommen war und sie noch bis in die frühen Morgenstunden mit ihm in der Küche gesessen hatte. Als ihr Sohn dann ins Bett gegangen sei, sei sie selbst noch so aufgewühlt gewesen, dass sie selbst sich gar nicht mehr schlafen gelegt habe. Ein Verlassen des Hauses durch ihren Sohn hätte sie sicher bemerkt.

Das Gericht sprach meinen Mandanten aus tatsächlichen Gründen frei.

Bulgari-Verfahren: Da waren´s nur noch sieben

Gestern wurde im Koblenzer Bulgari Verfahren das Verfahren gegen eine der Angeklagten abgetrennt. Die Anklage hatte ihr Menschenhandel vorgeworfen. Die Angeklagte war als Bardame in einem Club tätig, in dem angeblich zur Prostitution gezwungene junge Bulgarinnen gearbeitet haben sollen.

Das Gericht konnte sich nach dem bisherigen Ergebnis der Beweisaufnahme keine Gewissheit davon verschaffen, dass die Angeklagte tatsächlich Straftaten begangen hat und stellte das Verfahren nach Antrag der Staatsanwaltschaft gemäß § 153 StPO ein.

Die Kosten des Verfahrens trägt übrigens die Staatskasse, ihre eigenen notwendigen Auslagen trägt die ehemals Angeklagte selbst, so der Kostentenor der Entscheidung. Bei zwei Pflichtverteidigern und 28 Verhandlungstagen macht das ohne Fahrtkosten, Abwesenheitsgelder, sonstige Auslagen und Mehrwertsteuer rund 14.000 Euro. Sie verzichtete übrigens auf Haftentschädigung.

Was nun auf die ehemalige Angeklagte neben der Rechnung der Landesjustizkasse zukommt? Möglicherweise die ein oder andere Zeugenladung in dem Verfahren gegen die restlichen Angeklagten. Nachdem die Zeuginnen der Anklage zum Teil die Reise von Bulgarien nach Koblenz nicht auf sich nehmen wollten oder konnten, könnte das Verfahren nun um eine ehemalige Angeklagte als Zeugin bereichert werden. Es bleibt also spannend.