Montag, 6. April 2009

Moralischer Mandantenbeistand

Meinen Mandanten A. vertrete ich seit Jahren. Er ist ein netter, älterer Herr. Gebildet, höflich und leider etwas glücklos beim Autofahren. Immer nur Blechschäden und immer waren die Gegner schuld.
Dieses Mal aber scheint es ihn etwas härter erwischt zu haben. "Verursachung eines Verkehrsunfalls mit Fahrerflucht" habe auf dem Schreiben gestanden, das er von der Polizei erhalten habe. Man habe ihn vorgeladen. Sowas war ihm in 80 Jahren noch nie passiert. Dagewesen sei er auch und habe sich ungeheuerliche Vorwürfe anhören müssen. Nein, offiziell gesagt habe er nichts und im Grunde seien die Polizisten auch sehr freundlich gewesen.
An dieser Stelle werde ich hellhörig und hake nach, ob er denn wohl belehrt worden sei.
Was das denn heissen solle, fragt mich erstaunt mein Mandant. Ich erkläre es ihm. Nein, nein, so seine Antwort, man habe ihm nur gesagt, was man ihm vorwerfe und gefragt, was er dazu zu sagen habe. Wenn man ihm gesagt hätte, er könne auch einen Anwalt zu Rate ziehen, hätte er natürlich sofort bei mir angerufen, aber auf die Idee sei er in der Aufregung nicht gekommen.

Ich habe mir die Akte angefordert und bin schon sehr gespannt darauf, was mein Mandant erzählt hat und ob er - zumindest laut Akteninhalt - belehrt wurde.

Bis zum Eintreffen der Akte kann ich ihm nur den geforderten moralischen Beistand leisten, nachdem er mir versprochen hat, bei eventuellen Nachfragen der Ermittlungsbehörden keine Angaben mehr zu machen.

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