Samstag, 31. Oktober 2009

Dann sind eben beide schuld!

Verkehrsunfallanzeigen sind manchmal ein wahre Fundgrube für Anekdoten.
Herr A war mit seinem Pkw rückwärts aus seiner Grundstückseinfahrt gefahren, auf der Straße fuhr Herr B. Herr A fuhr gegen den Pkw des Herrn B.

Die Polizisten vor Ort taten ihre Pflicht und befragten beide Unfallbeteiligte. Die schoben sich wechselseitig die Schuld zu. Herr B meinte, Herr A hätte - wenn er denn schon hinten keine Augen habe - sich von einem Dritten aus der Einfahrt herauswinken lassen müssen und Herr A war der Meinung, dass Herr B ihn schließlich hätte weiträumig umfahren können.

Der Abschlussvermerk des vermutlich genervten Polizeibeamten hat ein bisschen was von Kindergarten, Kuchenförmchen und Kabbelei: "Da kein Unfallbeteiligter eine Schuld einsah, wurde aus diesem Grund beiden Beteiligten ein Vorwurf gemacht."

Ätschibätschi.

Freitag, 30. Oktober 2009

Die übliche Beiordnung akzeptiere ich nicht

Ein Mandant, den ich seit Jahren vertrete, wurde von einem Richter angeschrieben, dass beabsichtigt sei, ihm einen Pflichtverteidiger beizuordnen. Im Regelfall werde dafür ein ortsansässiger Anwalt ausgewählt. Falls er einen bestimmten Anwalt beigeordnet bekommen wolle, erhalte er Gelegenheit zur Stellungnahme, wobei ein auswärtiger Anwalt in der Regel nur beigeordnet werde, wenn ein besonderes Vertrauensverhältnis bestehe.

Einmal unabhängig davon, dass es das Recht eines jeden Beschuldigten ist, seinen Verteidiger frei zu wählen, muss sich ein Gericht schon ein wenig mehr einfallen lassen, wenn es darum geht, den Wunsch eines Angeschuldigten auf Beiordnung eines bestimmten Verteidigers ablehnen zu wollen als dessen "Auswärtigkeit".

Mein Mandant schrieb dem Gericht, er werde die sonst übliche Beiordnung von Rechtsanwalt X. auf keinen Fall akzeptieren. Vielmehr bestehe er aufgrund eines besonderen Vertrauensverhälnisses auf meiner Beiordnung. Dass ich nicht zu den ortsansässigen Anwälten gehöre, könne keine Rolle spielen.

Das Gericht ist dem nachgekommen. Rechtsanwalt X. eilt übrigens der Ruf voraus, dass er seit Jahrzehnten Plädoyers hält, die einander so sehr gleichen sollen, dass die Gerichtswachtmeister den Text schon auswendig wüssten.

Donnerstag, 29. Oktober 2009

Wasserschaden - Anwalts Liebling

Den Kollegen Seidlitz hat´s also auch erwischt wie die Kollegen vom Markenserviceblog zu berichten wissen, denen Ähnliches widerfahren ist.

Für alle Neubetroffenen hier mal ein Roundup des Wasserschadens in meiner Kanzlei:

Es ist noch kein halbes Jahr her seit das vom Wasserschaden betroffene Sekretariat ins Wartezimmer evakuiert wurde, weil Trocknungsgeräte aufgestellt wurden, deren liebliche Geräusche fortan für viele Wochen unsere Arbeit versüßten. Unterbrochen wurde das dumpfe Dröhnen nur von dem schweren Gerät, mit dem zwischendurch mal der Putz von der Wand geschlagen wurde, nachdem man festgestellt hatte, dass die Wand wohl doch nicht nur oberflächlich feucht ist.

Während also vorwiegend die Trocknungsgeräte vor sich hinbrummten, mussten natürlich die Fenster im betroffenen Raum geschlossen bleiben, da - so der kundige Mann vom Trocknungsdienst - ein besonderes Raumklima aufgebaut werden musste, damit es mit der Trocknung rasch voranschreitet. Das besondere Raumklima roch bedauerlicherweise nicht nach Veilchen, sondern eher nach nassen Socken, die wochenlang in der Waschmaschine gelegen haben.

Vor ungefähr 6 Wochen wurden die Trocknungeräte abgebaut mit dem Bemerken, die Wand sei nun trocken. Dem Geruch nach war sie es nicht, dem Ansehen nach auch nicht, aber ich bin ja kein Fachmann. Der Verputzertrupp rückte an und auch gleich wieder ab, weil - meine Verwunderung hielt sich in Grenzen - die Wand noch immer nass war.

Folglich rückten wieder die Herren vom Trockenlegungskommando an und erneut brummte es einige Wochen dumpf vor sich hin. Zum Klima vergleiche oben.

Jetzt ist seit 2 Wochen Ruhe eingekehrt. Die Wand ist angeblich wieder trocken und wartet darauf, verputzt zu werden. Danach muss der gesamte Raum nur noch abtapeziert, neu tapeziert und gestrichen werden, damit das Sekretariat wieder umziehen kann.

Nach positiven Prognosen ist es noch in diesem Jahr so weit.

Mittwoch, 28. Oktober 2009

Das Amtsgericht Koblenz und der Herr Melitta

Ich hatte schon über sie berichtet, die manchmal schwer verständlichen Schreiben von Mandanten, die manchmal mehrfach lesen muss um sie zu verstehen.

Beim Durchblättern einer Akte stelle ich gerade fest, dass das Amtsgericht Koblenz, das sich in der Karmeliterstraße 14 befindet, auch dann postalisch erreicht werden kann, wenn man Briefe an die "Karl Melitta Str. 44" richtet.

Ähnlich dem weißen Neger Wumbaba handelt es sich wohl auch beim Herrn Melitta um ein Hörversehen. Kaffeefilter kennt schließlich jeder, aber bei Ordensbrüdern wird´s schon mal eng.

Dienstag, 27. Oktober 2009

Do you speak Isha?

Also ich spreche ihn nicht, den nigerianischen Dialekt Isha.
Mein Mandant, angeklagt im Schleuserverfahren beim Schöffengericht Koblenz, soll Isha sprechen, ebenso der Mitangeklagte.

Nachdem im ersten Anlauf des Verfahrens schon ein Dolmetscher, der sich berühmte, der englischen Sprache mächtig zu sein, nicht Wort gehalten und folglich ausgetauscht worden war, ward für den zweiten Versuch ein Dolmetscher geladen worden, der angeblich auch in der Lage sein sollte, bei der Übersetzung der TKÜ zu helfen.

Hierzu war ein Herr von der Kripo mit schwerem Gerät (Computer mit Windows 3.11 - jaja, das Ermittlungsverfahren ist schon etwas älter) angereist, der die Telefonate vorspielen sollte. Es dauerte kaum 5 Minuten, da war das erste Telefonat schon gefunden und wurde gestartet. Soviel kann ich sagen: es unterhielten sich zwei Personen, die der Stimmlage nach Männer waren. Was sie sagten, konnte niemand sagen, auch nicht der Dolmetscher.

Der verstand nämlich die Sprache nicht, in der sich die Personen unterhielten. Zumindest konnte er sagen, dass es sich um Isha handelt, eine der ungefähr 450 Sprachen, die man in Nigeria spricht. Freilich gibt es von jeder der 450 Sprachen noch Untergruppen, den deutschen Dialekten ähnlich. Ich bin zuversichtlich, dass sich in den kommenden Monaten und Jahren ein Dolmetscher findet, der nicht nur Isha versteht, sondern auch den Isha-Dialekt, der auf den Bändern zu hören sein soll.

Montag, 26. Oktober 2009

Verhüten Sie?

Es ist schon erstaunlich, welche Fragen sich manch ein Mieter von der Ehefrau seines Vermieters bieten lassen muss. Die hatte nämlich mitbekommen, dass der Mieter Damenbesuch hatte und im Anschluss daran interessierte sie offenbar brennend, ob Nachwuchs geplant sei.
Angesichts der Tatsache, dass die Dame sogar den Müll der Mieter kontrolliert, wundert diese Frage allerdings wenig. Noch weniger, wenn man sich vergegenwärtigt, dass sie keine Hemmungen hat, sich in der Wohnung des Mieters umzusehen wenn dieser nicht da ist.

Was das Ganze mit Strafrecht zu tun hat?
Ganz einfach: dem duldsamen Mieter reisst langsam der Geduldsfaden und ich bin beauftragt, das Verhalten der Ehefrau des Vermieters auf seine strafrechtliche Relevanz hin zu überprüfen.

Es gibt Dinge vor denen man sich qua Verhütung schützen kann und es gibt Dinge, vor denen man sich hüten sollte. Kontrollierende Vermieterehefrauen gehören dazu.

Sonntag, 25. Oktober 2009

Nein, ich habe keine P.......karte

Ungefähr genauso nervig wie die Vorlage von Terminsladungen zum Nachweis einer Terminskollision ist der Einkauf in der Drogerie. Nicht, dass es nicht schön wäre, Lippenstifte auszusuchen und an Duschgels zu schnuppern, aber die unabwendbare Frage an der Kasse, ob ich eine P.......karte besitze, macht das Vergnügen schnell vergessen.

Nein, ich habe keine P.......karte und ich will auch keine.
Nein, ich sammle keine Punkte, weder in der Drogerie noch an der Tankstelle und auch nicht im Baumarkt.
Nein, ich möchte nicht, dass irgendeine Gesellschaft mein Einkaufsverhalten registriert.

Ja, ich bin für Datenschutz und frage mich jedesmal, wie blauäugig man sein kann, Punkte zu sammeln, damit man irgendwann mal eine beschichtete Bratpfanne für 50 Cent günstiger erwerben kann, die man im Zweifel sowieso nicht gebraucht hätte.

Samstag, 24. Oktober 2009

Tatsächliche Verdunkelungsgefahr

Kürzlich beim Haftrichter. Es geht um Körperverletzungsdelikte, der Mandant wird in Handschellen vorgeführt. Er nimmt neben mir Platz. An der Türseite des Raumes (genannt die "Verfolgerseite") stehen einige Stühle. Auf ihnen sitzen der Staatsanwalt und zwei Polizeibeamte, die die Tür sichern.

Der Mandant wird abgeschnallt, der Termin beginnt. Gegen Ende stellt der Staatsanwalt keinen Antrag auf Erlass eines Haftbefehls und der Richter diktiert der Protokollführerin: "Staatsanwalt A. stellt keinen Antrag. Haftgründe sind nicht ersichtlich. Insbesondere besteht keine Fluchtgefahr und auch keine Verdunkelungsgefahr". Der Richter hat das Wort "Verdunkelungsgefahr" noch nicht ganz ausgesprochen und - wir sitzen alle Mann im Dunkeln. Einer der Polizeibeamten war versehentlich mit dem Rücken gegen den Lichtschalter gekommen.
Damit hatte die Gefahr der tatsächlichen Verdunkelung zumindest für einen Moment bestanden.

Freitag, 23. Oktober 2009

Der Ausflug ins Familienrecht - Kollege im Zeittunnel

Ein Mandant schickt mir zwei ihm zugestellte Schriftstücke zu mit der Bitte, mich der Sache anzunehmen. Eines trägt die Überschrift: "Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe" ein anderes "Klage". Es geht um Unterhalt und damit um Familienrecht.

Das neue Familienrecht ist seit dem 01.09.2009 in Kraft und hat auch zu Änderungen in den Begrifflichkeiten geführt. Hat ein Mandant nicht genügend Geld, beantragt man seit 01.09.2009 Verfahrenskostenhilfe (vorher: Prozesskostenhilfe); Kläger gibts auch nicht mehr, die heissen jetzt Antragsteller.

Wie der Kollege heisst, der diese Begriffe noch nicht kennt, verrate ich nicht. Was ich aber verrate, ist, dass er immerhin den Titel "Fachanwalt für Familienrecht" führt. Alle Achtung.

Donnerstag, 22. Oktober 2009

Wartezone für Überraschungszeugen

So weist man auf sie hin, die Wartezone für Überraschungszeugen, jedenfalls in Koblenz:

Es sind schon drollige Gestalten, die man nachmittäglich im TV bewundern kann, wenn Schwur-, Straf-, und Familiengerichte mal wieder verhandeln.
Mir sind bislang als Zeugen nur Damen wie die im Bild ganz rechts begegnet, was zum Teil aber auch drollig war.

Mittwoch, 21. Oktober 2009

Der stimmlose Mediator

Ein Mediator berichtet in seinem Blog über Stimmprobleme und weist darauf hin, dass Mediation ohne Stimme nur schwer machbar sei.

Recht hat er. Ich selbst habe vor vielen Jahren eine Ausbildung zur Mediatorin gemacht und kann mich noch gut daran erinnern, dass egal welches Rollenspiel unsere Gruppe gerade absolvieren durfte, alles immer sehr wortreich ablief, was mir persönlich bisweilen ziemlich auf den Zeiger ging.

Vielleicht eröffnen sich dem Kollegen Mediator völlig neue Welten, wie etwa die der "stillen" Mediation beispielsweise durch Beschriften von Kärtchen. Das hätte zwar den Nachteil, dass die Verfahren etwas länger dauern, aber möglicherweise auch den Vorteil, dass manche Parteien, die dazu neigen, alles zu zerreden, hierdurch aufs Wesentliche diszipliniert würden.

Daddies Girl

Manchmal ist schon die Vernehmung zur Person eines Zeugen sehr aufschlussreich.

Richter: "Welchen Familienstand haben Sie?"
Zeugin: "Ledig."
Richter: "Was machen Sie beruflich?"
Zeugin: "Ich ... äääh ... nix."
Richter: "Haben Sie einen Beruf erlernt?"
Zeugin: "Nö."
Richter: "Wie bestreiten Sie Ihren Lebensunterhalt?"
Zeugin: "Mein Vater zahlt das."
Na denn. Mit grade mal 26 muss man ja nun wirklich nichts überstürzen und solange Papi zahlt...

Dienstag, 20. Oktober 2009

Vielen Dank...

... für die Blumen!
Eine liebe Mandantin hat meine Orchideensammlung bereichert.

Terminsabstimmung im Allgäu

Der Richter aus dem Allgäu kam meiner Mitarbeiterin zuvor. Er rief an um mitzuteilen, dass der für morgen angesetzte Termin im Allgäu aufgehoben wird. Bei gleicher Gelegenheit hat er telefonisch einen Termin mit mir abgestimmt und - sogar einen auf einen Montag bestimmt, so dass ich Sonntag schon anreisen kann.

Anders als dieser Richter wollte er keinen Nachweis sehen um sich davon zu überzeugen, dass ich morgen tatsächlich schon einen anderen Termin habe. Dieser Richter beim Amtsgericht N. hat übrigens vergangene Woche wieder die Ladung eines Kollisionstermins sehen wollen und natürlich auch bekommen. Leider sind bislang sämtliche Versuche, ihn telefonisch zu erreichen, gescheitert. Sicher gibt es triftige Gründe, weshalb das so ist. Ich habe ihm daher schriftlich sämtliche Tage, an denen er Sitzung und ich noch keinen Termin habe, mitgeteilt in der Hoffnung, dass es hilft - mir und ihm. Es kann doch nicht angenehm sein, wenn man stetig Misstrauen hegt.

Auf Verdacht ins Allgäu?

Morgen steht ein Hauptverhandlungstermin im Allgäu an, dessen Aufhebung wegen einer Terminskollision ich unmittelbar nach Erhalt der Ladung beantragt hatte. Das ist nun fast 2 Wochen her und seither bin ich ohne Nachricht. Ein Anruf bei der Geschäftsstelle führte leider nicht zum gewünschten Ergebnis. Der Beamte war zwar sehr freundlich, aber er hatte weder die Akte vorliegen noch konnte er den Richter erreichen.

Vielleicht hat meine Mitarbeiterin heute mehr Glück, damit ich meinem Mandanten nicht raten muss, auf Verdacht hin ohne mich ins Allgäu zu reisen, damit ihm zumindest ein Haftbefehl nach § 230 Abs. 2 StPO erspart bleibt.

Montag, 19. Oktober 2009

Polizei Koblenz - voll korrekt

Wenn man als Verteidiger in der Nacht bei Polizeiinspektionen anruft, weil man wissen möchte, ob der Mandant, dessen Familie behauptet, er sei soeben festgenommen worden, tatsächlich im Polizeigewahrsam ist, kann es schon mal passieren, dass man nach einigem Hin und Her mit mürrischer Stimme die gewünschte Information bekommt. Dabei kann man doch nichts dafür, dass es Nachtdienste gibt und außerdem sollte es doch tröstlich sein, dass Strafverteidiger auch schon mal Nachtschicht haben.

In Koblenz ist das anders. Nach kurzem Check, ob ich wirklich ich bin, wurde mir gar nicht mürrisch, sondern sehr freundlich von einem Beamten weiter geholfen. Genauso freundlich war auch sein Kollege, der mich einige Stunden später (unaufgefordert!) anrief um mich über den Zeitpunkt der Vorführung beim Haftrichter zu informieren.

Mein Mandant wusste Ähnliches zu berichten. Die Beamten seien "voll korrekt" gewesen.

So! Das musste mal gesagt werden.

Freitag, 16. Oktober 2009

Das Picknick im Auto - Teil 2

Ich hatte vor Monaten berichtet über ein Picknick in einem Auto, bei dem u.a. eine Colaflasche so ungünstig geflogen sein soll, dass sie nicht nur die Windschutzscheibe, sondern auch die Kleidung der Beifahrerin nahezu vollständig zerstört hat.

Das vom Gericht eingeholte Gutachten zur Frage des Flugs der Colaflasche kam vor ein paar Wochen und endete mit dem für die Gegenseite ernüchternden Ergebnis, dass die Flasche keinesfalls die Windschutzscheibe zerstört haben kann.

Hiergegen wetterte dann die Gegenseite, wobei unterschiedlichste Handlungsabläufe geschildert wurden (Colaflasche in rechter Hand, in linker Hand, abgestützt, nicht abgestützt, Sitzposition eher vorne auf dem Sitz oder eher hinten, Emporschnellen der Hand nach oben etc.) und nun liegt das Ergänzungsgutachten vor.

Der Gutachter stellt zunächst klar, dass es nicht seine Aufgabe ist, sich mögliche Aktionen der Klägerin auszudenken, die dann zum gewünschten Ergebnis führen. Im Folgenden setzt er sich dann aber mit allen geschilderten Möglichkeiten auseinander, was zu keinem anderen Ergebnis führt. Die Klägerin hätte die Colaflasche schon gegen die Scheibe werfen müssen, damit die Schäden an der Windschutzscheibe plausibel wären. Das hat - zumindest bislang - noch nicht einmal die Klägerin selbst behauptet.

Es bleibt also spannend. Der Streitwert der Sache beträgt nicht mal 700 Euro, die Kosten des Rechtsstreits belaufen sich nach der Einholung von Gutachten und Ergänzungsgutachten schon jetzt auf ein Vielfaches.

Donnerstag, 15. Oktober 2009

Der akrisieve Bulisist

Manche Mandanten beschweren sich darüber, dass anwaltliche Schreiben bisweilen schwer verständlich sind ("Ich muss das immer dreimal lesen bevor ich weiß, worum es geht").

Manchen Schreiben, die man von Mandanten erhält, sind allerdings auch nicht so einfach zu lesen. "Der Bulisist hat mich gans akrisiev angeprüllt", weiß ein Mandant in einem Brief zu berichten.

Das musste ich auch erst dreimal lesen.

Wahllichtbildvorlage oder: die Frau mit der Brille

Frau A. wird ein Diebstahl vorgeworfen. Bei der Polizei wird sie erkennungsdienstlich behandelt, d.h., es werden u.a. Lichtbilder von ihr angefertigt.
Das Anfertigen von Lichtbildern dient häufig der Vorlage an Zeugen im Wege der sog. Wahllichtbildvorlage. Der Zeuge bekommt mehrere Fotos von Personen vorgelegt, die sich ähneln und wird dann gefragt, ob er eine Person als Täter wiedererkennt.

In Nr. 18 der Richtlinien für das Strafverfahren und das Bußgeldverfahren (RiStBV) klingt das so:
Soll durch eine Gegenüberstellung geklärt werden, ob der Beschuldigte der Täter ist, so ist dem
Zeugen nicht nur der Beschuldigte, sondern zugleich auch eine Reihe anderer Personen gleichen
Geschlechts, ähnlichen Alters und ähnlicher Erscheinung gegenüberzustellen, und zwar in
einer Form, die nicht erkennen lässt, wer von den Gegenübergestellten der Beschuldigte ist
(Wahlgegenüberstellung). Entsprechendes gilt bei der Vorlage von Lichtbildern. Die Einzelheiten sind aktenkundig zu machen.

Frau A. trägt eine Brille, die sie auch bei der erkennungsdienstlichen Behandlung trug. Die Zeugin berichtete in ihrer Vernehmung, also noch bevor ihr die Bilder gezeigt wurden, davon, dass die Täterin eine Brille trug. Die Wahllichtbildvorlage wird im Anschluss an die Vernehmung durchgeführt. Der Zeugin werden 8 Fotos gezeigt, eines davon zeigt Frau A.. Sie ist die einzige Person, die eine Brille trägt. Prompt wird Frau A. als Täterin identifiziert, was nicht weiter verwundert.

Die beste Richtlinie taugt nichts wenn sie nicht korrekt umgesetzt wird.

Mittwoch, 14. Oktober 2009

Hat mal jemand Handschuhe?

Diese Frage stellte unlängst ein Richter, der in der Hauptverhandlung ein Asservat aus der Plastikhülle nehmen und dabei verhindern wollte, dass seine Fingerabdrücke auf dem Schriftstück auftauchen.
Hintergrund: die Polizei hatte das Schreiben eingetütet und auf die Hülle "Spurenträger" geschrieben. Untersucht hatte man das Schriftstück im weiteren Verlauf jedoch nicht.

Zufällig hatte keiner der Verfahrensbeteiligten gerade Plastikhandschuhe parat. Mein Vorschlag, einen von mir mitgeführten Frühstücksbeutel zu nehmen, aus dem ich für diesen Zweck sogar den Inhalt entfernt hätte, fand leider keinen Anklang, löste aber im Zuschauerraum Heiterkeitsreaktionen aus. Ein als Zeuge anwesender Polizeibeamter bot an, beim Präsidium anzurufen und dort Handschuhe anzufordern. Auch abgelehnt. Schließlich besorgte die Staatsanwältin Einweghandschuhe bei der Asservatenkammer und die Verhandlung wurde fortgesetzt.

Dienstag, 13. Oktober 2009

Schöffe unterbricht Sitzung um zu telefonieren

Während die Vernehmung eines Zeugen im Gange ist, hört man, wie im Beratungszimmer ein Handy klingelt. Dann sieht man wie sich einer der Schöffen wortlos erhebt und im Beratungszimmer verschwindet. Der Vorsitzende unterbricht die Sitzung und stellt fest, dass sei ihm auch noch nicht passiert. Es vergehen einige Minuten bis der Schöffe - wieder wortlos - wieder auftaucht und Platz nimmt. Das Mobiltelefon hat er diesesmal dabei um - zwischenzeitlich wird die Sitzung fortgesetzt - darauf herumzutippen.

Zugunsten des Schöffen wollen wir mal davon ausgehen, dass er nicht wusste, was er da angestellt hatte. Das Gericht muss während der Dauer der Hauptverhandlung immer ordnungsgemäß besetzt sein, was impliziert, dass alle Verfahrensbeteiligten anwesend sind und sich nicht nach Belieben entfernen dürfen. Eine nicht ordnungsgemäße Besetzung kann mit der Revision gerügt werden. Ich vermute, der Vorsitzende hat den Schöffen zwischenzeitlich auf diesen Umstand hingewiesen und ihm erklärt, dass die Anordnung von Unterbrechungen Sache des Vorsitzenden ist.

Montag, 12. Oktober 2009

Schleuserverfahren - Pässe, Ähnlichkeiten und Ungereimtheiten

Um es kurz zu machen: der Dolmetscher war jedenfalls besser als der im letzten Termin. Schlechter wäre zwar auch kaum gegangen, aber soweit meine Kenntnisse des Schulenglischen reichten, konnte ich seinen Übersetzungen folgen.

In der Sache selbst wurde u.a. ein Asservat - ein ausländischer Pass - in Augenschein genommen, der angeblich einen der Angeklagten zeigen sollte. Das Foto des Angeklagten soll nachträglich in den Pass kopiert worden sein. Die Inaugenscheinnahme ergab: das Foto zeigt einen Mann, der mit dem Angeklagten bis auf Haut- und Augenfarbe praktisch keine Ähnlichkeit aufweist. Man war sich schnell einig, dass es der Einschaltung eines Gutachters zur Frage der Identität wohl nicht bedarf.

Beim nächsten Mal soll es weitergehen mit dem Anhören der durchgeführten Telekommunikationsüberwachung. Es klang bereits an, dass es technisch schwierig werden könnte, die "passenden" Stellen auf Anhieb zu finden. Wie erfreulich, dass nicht nur "passende" Stellen gehört werden müssen, sondern die gesamte TKÜ (die Maßnahme dauerte vier Monate).
Ein Widerspruch gegen die Verwertung der Erkenntnisse aus den TKÜ wurde seitens der Verteidigung bereits angekündigt.

Schleuserverfahren - 2. Anlauf

Das sommerliche Dolmetscherdebakel wird heute hoffentlich keine Fortsetzung erfahren. Es geht weiter im Schleuserverfahren, dass Anfang Juli ausgesetzt worden war, u.a. wegen des Dolmetschers, dessen Englisch schlechter war als das der übrigen Verfahrensbeteiligten.

Der Dolmetscher war mir übrigens unlängst in einem Verfahren vor der Strafkammer begegnet, in dem er einem Zeugen dolmetschte. Seine Leistungen hatten sich seit Juli nicht verbessert. Der Vorsitzende sah sich auch hier genötigt, dem Treiben Einhalt zu gebieten als offenkundig wurde, dass der Dolmetscher die Belehrung nach § 55 StPO schlicht falsch übersetzte.

Mittwoch, 7. Oktober 2009

Terminsabstimmung

Ich habe schon oft geschimpft über Richter, die für Terminskollisionen von Verteidigern wenig Verständnis haben oder gar die Vorlage von Ladungen fordern.

Dass es auch anderes geht, beweist mein Heimatgericht. Exakt zwei Telefonate und ein kurzes Schreiben waren erforderlich um das Schöffengericht zu veranlassen, einen Termin um 2 Stunden nach hinten zu verschieben, damit ich zuvor beim Landgericht verhandeln kann, das zwar eigentlich einen ganzen Tag vorgesehen hatte, nun aber einen Fortsetzungstermin mit mir abgestimmt hat.

Wenn´s doch immer so einfach wäre.

Dienstag, 6. Oktober 2009

Kurzer Prozess

Mein gestriger Termin bei einem Amtsgericht in Bayern hätte kürzer kaum sein können.

Das Gericht hatte keine Zeugen geladen. Ein Deal kam nicht zustande und das Verfahren wurde ausgesetzt. Die Sitzungsvertreterin der Staatsanwaltschaft zeigte sich fassungslos darüber, dass mein Mandant kein Geständnis ablegen wollte. Ich kann die Haltung meines Mandanten indes gut verstehen. Er steht unter laufender Bewährung, die ihm vorgeworfene Tat ist einschlägig und bei einem Geständnis würde eine Gesamtstrafe gebildet, die nicht mehr zur Bewährung ausgesetzt werden kann. Wann also kämpfen wenn nicht in einem Fall wie diesem?

Ob es noch in diesem Jahr weitergeht oder erst im kommenden Jahr, steht noch nicht fest.

Montag, 5. Oktober 2009

Ab in den Süden...

... heisst es heute.

Eine Verteidigung in Bayern steht auf dem Programm.

Nach einer leidvollen Erfahrung vor einigen Jahren in einer Hauptverhandlung bei einem Amtsgericht im Allgäu, wo ich in der Hauptverhandlung maximal die Hälfte des Gesprochenen verstand, habe ich hier vergangenen Woche schon einmal mit dem Richter telefoniert. Er sprach Hochdeutsch mit süddeutschem Akzent. Sehr angenehm. Bleibt zu hoffen, dass es die Hauptverhandlung auch werden wird.

Freitag, 2. Oktober 2009

Und trotzdem - Verurteilung

Ich hatte an dieser Stelle von einem Kollegen berichtet, dessen Strafrechtskenntnisse eine Strafkammer in Zweifel gezogen hatte und der nicht unerhebliche Probleme hatte, Beweisanträge zu stellen.

Wir erinnern uns: der Kollege sah zugunsten seines Mandanten bereits den objektiven Tatbestand nicht als verwirklicht an. Zumindest aber sei der subjektive Tatbestand, also der Vorsatz, nicht gegeben. Da sich die Argumentation mit dem Vorsatz in der Praxis immer als recht schwierig erweist (für Nichtjuristen: Vorsatz bedeutet Wissen und Wollen der Tat; freilich wünschen sich auch viele Täter im Nachhinein, dass das Geschehene nicht geschehen sei, was aber nichts daran ändert, dass sie sich zum Zeitpunkt des Geschehens hierüber zumindest ein paar Gedanken zu wenig gemacht haben), hatten andere Prozessbeteiligte so ihre Zweifel, ob er mit dieser Strategie durchdringen würde.

Inzwischen wurde sein Mandant zu einer Freiheitsstrafe, ausgesetzt zur Bewährung (Bewährungsauflage u.a. 10000 Euro an die Staatskasse) verurteilt. Soweit das vorläufige Ergebnis eines Umfangsverfahrens, aus dem mein Mandant vorzeitig mit einem milden Urteil abgetrennt worden war.

Donnerstag, 1. Oktober 2009

Schweigepflicht und Einkommensfragen

Ein Mandant beauftragte mich mit ihrer Verteidigung. Er brachte eine "Bekannte" zur Besprechung mit und staunte, als ich ihn eingangs darum bat, mir eine Schweigepflichtsentbindungserklärung in Bezug auf seine Begleiterin zu unterschreiben. Das habe er bisher noch bei keinem Anwalt machen müssen und überhaupt sei das ja ziemlich überflüssig, da er seine Bekannte schließlich mitgebracht habe. Ich bestehe auf der Formalie, er unterschreibt. Wie üblich frage ich ihn nach seinem Lebenslauf, seinem beruflichen Werdegang und - seinem Einkommen.

Er zuckt, wirft einen verstohlenen Blick auf seine Begleiterin und ich ahne, dass er just in diesem Moment die Tragweite seiner soeben unterzeichneten Erklärung erkennt.

Freilich kann er diese Frage so ad hoc nicht beantworten und wir telefonieren deswegen demnächst noch mal. Zur nächsten Besprechung kommt er bestimmt alleine, da bin ich mir ziemlich sicher.