Sonntag, 28. Februar 2010

Ibizoid

Nein, es handelt sich bei "ibizoid" nicht um die Zustandsbeschreibung einer seelischen Erkrankung, sondern vielmehr um die Wortschöpfung eines psychiatrischen Sachverständigen in einer Sitzungspause als er eines Mannes angesichtig wurde, der ein buntgeblümtes Hemd trug.

Ibizoid, so der Sachverständige, leite sich ab von der Baleareninsel Ibiza, wo man es wohl ein wenig farbenfroher liebt. Hawaiiesk hätte ich zwar irgendwie passender gefunden, aber ibizoid klingt selbstverständlich mehr pathologisch.

Werfen Sie mal einen Blick auf die Sommermode 2010. Ziemlich mallorcös würde ich sagen.

Samstag, 27. Februar 2010

Dank an die Pressestelle...

... des Landgerichts Koblenz.

Die dort zuständigen Damen und Herren rufen nämlich immer an, wenn es um Presseanfragen zu Prozessen geht, an denen die Medien Interesse bekundet haben in der Hoffnung, den Namen des Verteidigers zu erfahren, damit der dann wiederum mit Interviewanfragen behelligt werden kann. Ich mag keine Interviews geben und freue mich daher immer über die Nachfrage der Pressestelle, ob sie meinen Namen weitergeben darf.

Manche Kollegen halten diese Einstellung vor dem Hintergrund der Werbung für oberdämlich, aber bislang hat sie sich bewährt. Die Gründe hierfür:

1. Man muss nichts tun, womit man nicht vertraut ist (nämlich in eine Kamera sprechen) und sich das von jedem anmerken lassen.

2. Man läuft nicht Gefahr, dass Erklärungen so zusammengeschnitten werden, dass der Inhalt verfälscht wird.

3. Der Mandant bekommt nicht das Gefühl, dass sein Anwalt mehr von Schaulaufen denn von Verteidigen hält.

4. Ein wahrscheinlich eher weibliches Argument: Styling egal!

Freitag, 26. Februar 2010

Für die Ehe ungeeignet

Irgendwie ist es immer unterhaltsam mit Richter X. beim Amtsgericht N..
Viele Kollegen können ihn wegen seiner Art (er ist sehr geradeheraus) nicht leiden, ich mag ihn genau deswegen.

Ich hatte für einen Mandanten Einspruch gegen einen Strafbefehl eingelegt (Btm-Vorwurf). Für den angeblichen Besitz von 80 Gramm Marihuana hatte man ihm stolze 200 Tagessätze aufgebrummt.

Bei näherer Durchsicht der Akte fiel auf, dass es nicht 80 Gramm Marihuana waren, sondern 80 Gramm Pflanzenteile mitsamt Stängeln, um deren Wirkstoffgehalt sich bislang noch niemand geschert hatte, von der Frage, ob es überhaupt Marihuana ist, mal ganz abgesehen.

Ich habe für den Mandanten erklärt, dass es sich bei den sichergestellten Pflanzen nicht um Btm handelt. Der Richter versuchte einen Deal auf 90 Tagessätze. Nachdem ich dem Mandanten kurz erklärt hatte, dass ich ihm nicht zu dem Deal anrate, stimmte er mir zu. Der Richter kommentierte dies mit den Worten:

"Wenn Sie sich so schnell von einer Frau Vorschriften machen lassen und keine Widerworte geben, sind Sie für die Ehe ungeeignet!"

Ich antwortete (meinen Mandanten hatte ich ja zum Schweigen verdonnert): "Demnach sind Sie wohl seit vielen Jahren glücklichst verheiratet."

Als Antwort hielt er Richter die beringte Hand hoch und grinste.

Und nun warten wir alle gespannt auf den Eingang des Gutachtens.

Donnerstag, 25. Februar 2010

Ich würde mich vergessen...

... wenn mir Damen wie diese einen Strafzettel ausstellen würden.

Erfreulicherweise lebt der liebe Kollege Siebers ja gleich um die Ecke von Gifhorn und könnte dann auch gleich eine Akte anlegen.

Nichts gegen Politessen und sonstige Ordnungshüter, aber ich frage mich ernsthaft, wie man gestrickt sein muss um solch einen Job zu machen. Sicher, wahrscheinlich werden hier nur Dienstanweisungen von höherer Stelle umgesetzt. Trotzdem kann ich mich des Eindrucks nicht erwehren, dass die Damen Spaß daran haben, diese umzusetzen.

Allgemeine Urinkontrolle

Eine Mandantin geriet in eine allgemeine Verkehrskontrolle. Die Beamtin forderte sie zur Abgabe einer Urinkontrolle auf. Die Mandantin wollte nicht vor Ort, sprich auf der Straße, dieser Aufforderung nachzukommen.

Dann, so die Beamtin, werde sie jetzt mit zu ihr nach Hause kommen. Die Mandantin ist mit der Situation überfordert und lässt sich von der Beamtin nach Hause eskortieren. Dort findet dann die Urinprobe statt - Ergebnis negativ.

Die Beamtin verabschiedet sich freundlich.

Danach ruft mich die Mandantin an und fragt, ob das alles so seine Ordnung hatte. Ich frage sie, ob sie belehrt worden sei darüber, dass sie nicht mitwirken müsse. Wurde sie nicht. Ich frage sie weiter, warum sie mich erst jetzt anruft. Sie sei so aufgeregt gewesen, dass sie erstmal gar nicht daran gedacht habe, mich anzurufen.

Wir sind dann so verblieben, dass sie mich das nächste Mal wenn sie - wegen Kontakt mit der Polizei - aufgeregt ist, sofort anruft.

Mittwoch, 24. Februar 2010

Käßmann - Rücktritt

Frau Käßmann tritt zurück

http://www.welt.de/politik/article6538481/Bischoefin-Margot-Kaessmann-tritt-zurueck.html

Quelle: Die Welt

Von trinkenden Fahrern und fahrenden Trinkern

Die Diskussion um Frau Käßmann, der eine Alkoholfahrt mit 1,54 Promille vorgeworfen wird, gibt vielerorten Anlass zu den unterschiedlichsten Reaktion, angefangen bei Empörung über Schadenfreude bis hin zu Erstaunen darüber, dass der alte Spruch vom Wasser predigen und Wein trinken (gerade in der Fastenzeit) selbst oder gerade "bei Kirchens" zutrifft.

Ich habe in den vergangenen 11 Jahren einige Dutzend Mandanten verteidigt, denen Trunkenheitsfahrten vorgeworfen worden waren. Spitzenreiter in Sachen BAK war übrigens ein Mann, der 2,8 Promille geschafft hatte und dem es gelungen war, in diesem Zustand noch die üblichen Tests (Finger-Nase, Finger-Finger, Geradeausgehen etc.) besser zu meistern als manch einer mit deutlich weniger Promille.

Gemeinhin sagt man, dass es sich ab einer BAK von 1,6 Promille nicht mehr um einen trinkenden Fahrer, sondern einen fahrenden Trinker handelt, weshalb man ab 1,6 Promille fällig ist für die MPU (vulgo: Idiotentest).

Ich erinnere mich in diesem Zusammenhang immer wieder gerne an einen eigenen Trinkversuch (bei Juristen insbesondere im Referendariat sehr beliebt; das ist Trinken unter Aufsicht und mit Alkotests zur Bestimmung der BAK). Ich war schon vor Erreichen der 1 Promillegrenze derart betrunken, dass ich mein Auto aller Wahrscheinlichkeit nach kaum mehr gefunden, geschweige denn hätte aufschließen können - von Fahren mal ganz zu schweigen.

Übrigens: selbst mit 0,5 Promille ist die Reaktionsfähigkeit schon deutlich eingeschränkt. Frau Käßmann soll angeblich eine rote Ampel nicht beachtet haben, was für eine getrübte Wahrnehmung sprechen würde.

Termin geplatzt - jetzt darf ich aussuchen

Der. nette Vorsitzende beim Amtsgericht M. hatte mich vor einigen Wochen angerufen um einen Termin zur Hauptverhandlung abzustimmen. So geschah es.

Gestern rief er in meinem Büro an und liess mir ausrichten, der Termin könne am vereinbarten Tag nicht stattfinden. Er schlug einen neuen Termin vor und (er scheint zu wissen, dass ich nicht so gerne ganz früh morgens verhandele) setzte hinzu: "Die Uhrzeit können Sie sich aussuchen."

Das habe ich mir natürlich nicht zweimal sagen lassen. Nett. Jetzt bin ich nur noch gespannt, ob sich die gute Stimmung in der Hauptverhandlung fortsetzen wird.

Dienstag, 23. Februar 2010

Montag, 22. Februar 2010

Der Rechtspfleger und die Kopierkosten

Wenn´s nicht so weit weg wäre, würde ich gerne hinfahren zum Amtsgericht T. und den dortigen Rechtspfleger X. mal ganz persönlich fragen, ob bei ihm noch alles in Ordnung ist.

Im Oktober vergangenen Jahres habe ich beantragt, die Kosten meines freigesprochenen Mandanten gegen die Staatskasse festzusetzen.

Heute (!) erreicht mich das Schreiben des Rechtspflegers mit der Bitte, die Kopierkosten zu erläutern.

Er hat demnach sage und schreibe 4 Monate dafür gebraucht, meinen Antrag dergestalt (nicht) zu bearbeiten, dass er jetzt an ein paar Kopien rummäkelt.

Freitag, 19. Februar 2010

Die Sau rauslassen

Während ich mich auf der Flucht vor dem rheinischen Frohsinn befand, trudelte ein neues Mandat ein, das meine Reno wie folgt auf einem Zettel vermerkt hat:

"Frau RAin X. bittet um Rückruf in einer neuen Strafsache. Sie will die Sache nicht machen, da sie bei ihrem Heimatgericht nicht "die Sau rauslassen" will."

Ich habe keinen Zweifel daran, dass sich die Kollegin exakt so ausgedrückt hat und noch weniger Zweifel daran, dass sie im Interesse des Beschuldigten handelt, indem sie die Sache abgibt.

Es gibt Fälle, die danach schreien, viele Beweisanträge zu stellen, Zeugen besonders kritisch zu befragen und auch sonst alles zu tun, was nicht geeignet ist, die Stimmung des Gerichts zu heben. Es gibt Kollegen, die mögen keine Stimmungsschieflagen beim heimatlichen Gericht. Die meisten von ihnen opfern in streitbaren Fällen die prozessualen Rechte des Mandanten auf dem Altar der guten Laune. Die Zahl derer, die in solchen Fällen an einen auswärtigen Kollegen abgeben, ist gering.

Ich habe der Kollegin eben mitgeteilt, dass ich mich der Sache gern annehmen werde.

Zurück und Nachricht für Ballmann

Da ist man mal gerade eine Woche raus aus der Bloggerwelt (Karnevalsflucht!) und kaum zurück stellt man fest, dass man im Jurablogs-Ranking um einen Platz nach oben gerutscht ist.

Die Freude darüber war nur von kurzer Dauer, da das bessere Ranking nur darauf zurück zu führen ist, dass Richter Ballmann nicht mehr bloggt seit sein Inkognito aufdeckt wurde.

Lieber Richter B., ich habe Ihren Blog immer gern gelesen, gern kommentiert und habe mich über Ihre Kommentare in meinem Blog gefreut. Egal, was man davon halten mag, wenn ein Richter unter einem Pseudonym bloggt: Ihr Blog war stets witzig, unterhaltsam und geeignet, eine meist spröde Materie mit einem Augenzwinkern auch für den juristischen Laien verständlich zu machen. Ich jedenfalls werde Ihr Blog vermissen. Machen Sie´s gut!

Samstag, 13. Februar 2010

Parken nur für Bedienstete

Vergangene Woche beim Amtsgericht D. in NRW. Ich bin - STAU - zeitlich etwas knapp dran und steuere zielsicher den Gerichtsparkplatz an. Den kenne ich noch vom letzten Termin in D.
Vor dem Parkplatz gibt es eine Schranke und ein Häuschen, in dem ein Uniformierter sitzt, der die Herrschaft über die Schranke innehat.

Ich stehe also vor der Schranke, die sich nicht öffnet. Ich schaue zum Uniformierten. Der schaut mich an. Ich gestikuliere. Er auch. Dabei zeigt er auf ein Schild "Parken nur für Bedienstete". Da noch ziemlich viele Parkplätze frei sind und es bislang nie Probleme gegeben hat, war ich davon ausgegangen, dass man in D. den Begriff "Bedienstete" eher weit auslegt. Folglich nicke ich. Die Schranke bleibt unten. Der Uniformierte kommt aus seinem Häuschen heraus und fragt mich, was ich auf dem Parkplatz wolle. "Parken", ist die wahrscheinlich wenig überraschende Antwort.
"Schaffen Se dann hier?", will er wissen.
"Und ob. Ich hab gleich Termin."
"Ach so, Se sinn Anwältin. Dat kann isch doch nit wissen, Frolleinschen. Na dann wollen mer mal net so sein." Die Schranke öffnet sich und der rheinische Uniformierte grüßt aus dem Häuschen heraus.

Mein Mandant kommt übrigens zu spät zum Termin. Er hatte auch den Parkplatz angsteuert, war aber nicht "Bediensteter", auch nicht bei exentensiver Auslegung.

Mittwoch, 10. Februar 2010

Kindermädchen

Hätte ich Kindermädchen werden wollen, hätte ich eine andere berufliche Laufbahn gewählt. Das habe ich eben der netten Dame vom Ingenieurbüro XY erklärt, die hier anrief um mir mitzuteilen, sie seien von der Z-Versicherung mit der Nachbesichtigung des Autos meines Mandanten beauftragt und der sei telefonisch nicht zu erreichen. Ob ich wohl wisse, wo er sei.

Ich weiß es nicht. (Woher auch? Meine Mandanten müssen sich bei mir nicht abmelden wenn sie z. B. in den Urlaub fahren oder krank sind.)

Diese Antwort findet sie offenbar wenig zufriedenstellend, weshalb sie nachhakt. Ich weiß es wieder nicht (zwischenzeitlich hatte sich der Mandant auch nicht bei mir gemeldet) und verweise darauf, dass ich Anwalt und nicht Kindermädchen bin.

Sie ist eingeschnappt. Das werde sie so an die Versicherung weiterleiten. (Ihre Stimme klingt dabei so wie ich aus der Schulzeit kenne: "Ich verpetz dich jetzt beim Klassenlehrer und du kriegst einen Klassenbucheintrag. Ätschibätschi.")

Ist mir recht.

Übrigens: Klassenbucheinträge fand ich immer besonders peinlich. Nicht für mich, sondern für den Lehrer. Falls hier einer von denen, die sie mir mit schöner Regelmäßigkeit verpasst haben, mitliest: ich würde mich über Kopien freuen.

Montag, 8. Februar 2010

Terminvereinbarung am Telefon

Schon der 5. Richter seit Mitte letzter Woche, der hier anruft um einen Termin für die Hauptverhandlung mit mir abzusprechen. Ich bin begeistert. Meine Mitarbeiter übrigens auch. Eine fragte heute schon scherzhaft, ob sie den Textbaustein "terminskollision" löschen soll.

Die Zahl der Richter, die lieber zum Telefon greifen anstatt Brieffreundschaften mit Verteidigern über passende Termine zu begründen, nimmt zu.

Freitag, 5. Februar 2010

§ 63 StGB - der Therapiestillstand und der Frosch

Ich hatte hier über einen Fall berichtet, der mich schon seit Jahren beschäftigt und in dem kürzlich die Anhörung stattfand. Der externe Gutachter betonte nochmals, dass die therapeutischen Möglichkeiten der Klinik erschöpft seien, empfahl die Verlegung in eine andere Einrichtung sowie die Durchführung einer Elektrokrampftherapie. Kurzum: er empfahl all das, wogegen sich die Klinik gewandt hatte. Vielleicht war dies ein Grund dafür, dass sich zum Anhörungstermin kein einziger Arzt "verlaufen" hatte, was für mich persönlich gut ins Bild der Einrichtung passen würde und überdies eindrucksvoll belegt, dass mein Mandant als austherapiert betrachtet wird.

Die Klinik hatte die Psychologin geschickt, die schon die vorterminliche Stellungnahme verfasst und damit weit ihre Kompetenzen überschritten hatte, da es in Bezug auf eine Elektrokrampftherapie nicht auf das Votum einer Psychologin ankommen darf, sondern hierzu ein Facharzt Stellung beziehen muss. Ein Facharzt war aber mit Ausnahme des externen Gutachters zu meinem Bedauern nicht zugegen und so hatten die Ausführungen der Psychologin etwas von einem im Gartenteich beheimateten Frosch, der über die Weite des indischen Ozeans parliert. Dank des Sachverständigen musste ich mich selbst nicht ereifern, sondern es reichte, dass ich mich seinen Anführungen anschloss, wonach keine Therapie mehr stattfinde, sondern nur noch ein "Verwahren und Sichern".

Die Strafvollstreckungskammer wird zwar nicht für die Entscheidung über Verlegung und/oder Therapie zuständig sein, aber die Staatsanwaltschaft als Vollstreckungsbehörde wird anhand des Protokolls der Anhörung und den Empfehlungen des externen Gutachters in der Lage sein, eine Entscheidung über meine demnächst zu stellenden Anträge zu treffen. Und so sehe ich zumindest ein wenig Licht am Ende des Tunnels für den Mandanten.

Mittwoch, 3. Februar 2010

Prämenstruell

Es gibt Kolleginnen und Kollegen, die im Zivilprozess immer dann zur Hochform auflaufen, wenn das Gericht das persönliche Erscheinen der Parteien angeordnet hat. Gegen ein wenig Schaulaufen vor und für den Mandanten ist dem Grunde nach ja nichts einzuwenden.

Wenn man aber vor lauter Schaulauf vergisst, dem Richter zuzuhören, der einen Vergleichsvorschlag unterbreitet, der alles andere als dumm ist, um dann wenige Minuten später exakt diesen Vergleich selbst vorzuschlagen und beleidigt zu sein, wenn der Vorsitzende hierauf hinweist, erreicht die Sache einen gewissen Befremdlichkeitsgrad.

Noch befremdlicher wird es dann, wenn während des Abdiktierens des Vergleichs noch Ausführungen zur Sache gemacht werden, die erkennbar neben selbiger liegen. Das hat dann was von prämenstruell, selbst wenn das (Post)klimakterium bereits erreicht ist.

Ich habe noch keine Idee, wie man oben beschriebenen Gemütszustand bei Männern nennt.
Andropausales Durchgangssyndrom?

Dienstag, 2. Februar 2010

Der große Fund - kein großer Wurf

Die Polizei hatte bei meinem Mandanten von ihrem "Hausrecht" Gebrauch gemacht und seine Wohnung nach Drogen durchsucht. Die Beamten waren fündig geworden und das Sicherstellungsprotokoll liest sich auf den ersten Blick beeindruckend: 6 Tüten mit Marihuana, 1 Glasbong mit Anhaftungen, Rauchmischung mit Marihuana, 1 Tupperdose mit 505,1 g vermutl. Amfetamin). Ein halbes Kilo Pep!

Inzwischen liegt das Wirkstoffgutachten vor: 505,1 g weiße Substanz - kein Amfetamin. Und auch sonst kein Btm. Demnächst geht´s also beim Amtsrichter um das Marihuana und nicht - wie das Sicherstellungsprotokoll zunächst vermuten liess - beim Landgericht um ein halbes Kilo Pep.

Der große Wurf gelang also trotz großen Fundes nicht.

Montag, 1. Februar 2010

Absehen vom Regelfahrverbot - und es geht doch!

Ich hatte meinem Mandanten letzte Woche auf der Fahrt zum über 300 km entfernten Amtsgericht B. gesagt, dass die Chance der Erhöhung der Geldbuße bei gleichzeitigem Wegfall des Fahrverbots bei ca. 10% steht. Er war nächtens auf der Fahrt in den Urlaub zunächst auf der mittleren Spur im Stau gestanden und dann, nachdem sich der Stau aufgelöst hatte, mit 145 km/h statt der erlaubten 100 geblitzt worden. Geschwindigkeitsbegrenzungsschilder hatte er durch die LKW auf der rechten Spur nicht gesehen.

Der Richter begrüßt uns freundlich mit den Worten: "Wer über 300 km hierher fährt, der will auch was zur Sache sagen." Stimmt. Ich mache Angaben für meinen Mandanten, der Blut und Wasser schwitzt und den die im Saal sitzende Schulklasse noch zusätzlich verunsichert.
Ich berichte von der Urlaubsfahrt, den LKW und dem Stau und füge hinzu: "Die Ehefrau meines Mandanten war übrigens Beifahrerin und ist also solche echt unangenehm. Die zählt zu der Sorte, die ständig rummeckern. Schatz, hier ist 80; pass auf, da schert einer aus usw.." Ich schildere in bunten Farben die Marotten der Beifahrerin, die die 100-er Schilder durch die LKW auch nicht gesehen hat, ansonsten hätte sie meinen Mandanten 100%ig darauf aufmerksam gemacht.

Der Vorsitzende hört sich alles geduldig an. Dann grinst er und meint: "Sie haben sicher nur das Foto der Verwaltungsbehörde" (stimmt; die Akte der Verwaltungsbehörde enthält zwar das Foto des Fahrers, alle anderen Insassen werden aber geschwärzt). Dann weiter. "Also auf MEINEM Foto schläft die Frau Ihres Mandanten."

Die Schulklasse gluckst. Mein Mandant auch, aber aus anderen Gründen. Mir wird warm. Ich gehe zu ihm hin und schaue mir das Bild an. Die Ehefrau meines Mandanten liegt auf dem Beifahrersitz - Kopf nach hinten, Augen zu, Mund auf. Kein Zweifel - sie schläft tatsächlich. "Stimmt", meine ich, "die pennt. Sehen Sie, sie konnte ihn gar nicht warnen!"

"1:1" stellt der Vorsitzende sichtlich amüsiert fest. Was denn sonst noch für meinen Mandanten spräche. Ich trage vor: 0 Punkte in Flensburg, Nachtzeit, dringend beruflich auf Pkw angewiesen, Blitzstelle kein Unfallhäufungspunkt.

Die Geldbuße wird verdoppelt, das Fahrverbot fällt weg. Mein Mandant ist selig.

Auf der Rückfahrt meint er, er habe Glück gehabt. Auch das stimmt. Juristisch heisst das allerdings "richterliches Ermessen".