Montag, 23. Mai 2011

Happy Birthday, Grundgesetz!

Heute feiert unser Grundgesetz seinen 62. Geburtstag.

"Im pluralistischen Staat muss, wie mir scheint, die Bundesregierung, jede Bundesregierung, sich in geistiger und moralischer Hinsicht beschränken auf eben dieses Grundgesetz, auf unsere Grundrechte, unsere Grundfreiheiten. Sie allein sind die für alle geltenden gemeinsamen geistig-moralischen Grundlagen." - Helmut Schmidt




Samstag, 21. Mai 2011

Der verwirrte Mandant

Bisweilen fragt man sich, ob ein Mandant einfach nur ein wenig verwirrt ist oder ob er einen zum Narren halten will. Es ist nicht häufig der Fall, aber unlängst war es wieder so weit:

Das Gericht hatte in einer Zivilsache einen Hinweis erteilt, Stellungnahmefrist 2 Wochen. Das bedeutet, dass man 2 Wochen Zeit hat, sich zu diesem Hinweis zu erklären, ohne Rechtsnachteile befürchten zu müssen. Der Mandant hatte zugesagt, bis zum Ablauf der 1. Woche die benötigten Informationen zur Verfügung zu stellen. Nicht geschah. Ein Erinnerungsschreiben brachte nicht den gewünschten Erfolg. Am Tag des Fristablaufs beantragte meine umsichtige ReNo vorsorglich eine Fristverlängerung und rief den Mandanten an. Sie erreichte ihn und fragte, ob er unser letztes Schreiben nicht erhalten habe und wann mit dem Eingang der zugesagten Informationen zu rechnen sei. Nein, er habe kein Schreiben erhalten, so der Mandant, aber er sei schließlich auch im Urlaub. Die Umsichtige fragte nach der Urlaubsadresse um ihm das Schreiben sowie das inzwischen eingetroffene Protokoll der Hauptverhandlung erneut zusenden zu können und staunte nicht schlecht, als ihr gesagt wurde, die Adresse sei nicht genau bekannt. Es handele sich um eine Ferienwohnung ohne Fax und Emailanschluss, deren Adresse aber im Laufe des Tages mitgeteilt werden könne. Die gewünschten Informationen zur Sache erhielten wir in den nächsten Tagen mit der Post.

Wir blieben ohne Nachricht, die Frist verstrich.

Es bleibt nun abzuwarten, ob sich der Mandant jemals wieder meldet. Es ist sicher nicht witzig, wenn man nicht weiß, wo man sich befindet und es auch nicht innerhalb eines Tages in Erfahrung bringen kann. Denkmöglich wäre noch, dass der Mandant einen zum Narren halten möchte oder schlicht keine Lust hat, am eigenen Verfahren mitzuwirken. Aber deswegen Katz-und-Maus-Spielchen?

Solange es nur vereinzelt Mandanten sind, die sich derart seltsam verhalten, ist die Welt jedenfalls noch in Ordnung.

Mittwoch, 11. Mai 2011

OLG Koblenz - Schließung?

In Koblenz herrscht helle Aufregung: das OLG soll dichtgemacht werden, die Generalstaatsanwaltschaft gleich mit. Vor Kurzem war noch mit großem Tamtam das neue Justizzentrum eröffnet worden, Ministerpräsident Beck pries den Synergieeffekt dreier Gebäude (NJZ, OLG und Hauptjustizgebäude) und nun soll es für Rheinland Pfalz nur noch ein OLG geben und zwar im äussersten Süden des Landes, in Zweibrücken.

Der Protest gegen diese Sparmaßnahme der Regierung ist groß und mal ganz unabhängig davon, ob man wie die Opposition die "Affäre Bamberger" dahinter vermutet, wirft die ins Auge gefasste Schließung Fragen nach der Sinnhaftigkeit dieser Maßnahme auf, insbesondere die, ob eine Verschlankung der Justiz letztlich dem Bürger zugute kommt.

Freitag, 6. Mai 2011

Verhandlung gegen Jugendliche und Öffentlichkeit

NTV berichtet hier von einem Prozess, der gestern beim Landgericht Münster gegen 2 Jugendliche und einen Heranwachsenden stattfand. Problematisiert wird, dass trotzdem 2 Jugendliche auf der Anklagebank saßen, der Prozess öffentlich war.

Ein Blick ins Gesetz erleichtert wie so oft die Rechtsfindung und da steht, dass das durchaus zulässig ist, wenn auch nur ein Angeklagter nicht Jugendlicher ist, §48 Abs. 3 S. 1 JGG.
Liest man aber einen Satz weiter, wird man fündig ob der Dinge, die die Verteidiger der beiden Jungendlichen dagegen hätten unternehmen können:

"Die Öffentlichkeit kann ausgeschlossen werden, wenn dies im Interesse der Erziehung jugendlicher Angeklagter geboten ist."

Das ist freilich auslegungsbedürftig, aber einen Versuch sollte es allemal wert sein, einen solchen Antrag zu stellen, damit der jugendliche Mandant, der, säße er allein auf der Anklagebank, keine Öffentlichkeit zu gegenwärtigen hätte, weitgehend geschützt wird.

Donnerstag, 5. Mai 2011

Plädoyer - irgendwie daneben

Plädoyers sind in freier Rede zu halten. Zwingend ist das nicht, aber Sinn macht es trotzdem, wie ich unlängst wieder feststellen konnte.

Trotzdem der Fall nach Aktenlage ziemlich klar war, ergaben sich im Zuge der Hauptverhandlung Besonderheiten, die im Hinblick auf die Strafzumessung von ganz erheblicher Bedeutung waren. Die Vertreterin der Staatsanwaltschaft, eine Referendarin, hatte ihr Plädoyer jedoch schon ausformuliert vor sich liegen, las es zügig ab und nahm wieder Platz. Das Plädoyer wäre gut gewesen, wenn denn die Verhandlung so gelaufen wäre, wie sich der Fall nach Aktenlage darstellte, aber wie so oft sagte ein Zeuge anders aus als erwartet mit dem Ergebnis, dass die Beweiswüdigung nicht mehr mit der Aktenlage in Übereinklang zu bringen war.

Die Situation kam mir bekannt vor. Als ich das erste Mal ins Rennen geschickt wurde (damals in der Anwaltsstation) hatte ich mein Plädoyer auch schon vor der Hauptverhandlung fix und fertig. Schriftlich ausformuliert hatte ich es nicht, nein, ich war noch einen Schritt weitergegangen und hatte es auswendig gelernt und am Vorabend mit großer Geste vor dem Badezimmerspiegel geübt. Schon nach der Vernehmung des ersten Zeugen stellte ich fest, dass meine sorgfältig einstudierte Beweiswürdigung nicht mehr haltbar war und nachdem der letzte Zeuge vernommen war, war klar, dass ich das Plädoyer so wie es war, gänzlich vergessen konnte. Eine Unterbrechung zur Vorbereitung des Plädoyers wollte ich nicht beantragen (das wäre mir peinlich gewesen) und deshalb hielt ich ein anderes als das vorbereitete Plädoyer, zwar nicht ganz so flüssig und mit zittriger Stimme, aber immerhin passte es zum Ergebnis der Beweisaufnahme.

Seither bereite ich keine Plädoyers mehr vor, zumindest dann nicht, wenn die Sache an einem Tag verhandelt wird. Eine Art "Gerippe", das universell einsetzbar ist, gehört trotzdem ins leichte Handgepäck. Wer auf der Suche nach einem solchen ist, wird übrigens hier fündig.

Mittwoch, 4. Mai 2011

Noch ne Schussfeste

Ich hatte ja hier schon von einer schussfesten Referendarin berichtet und darf erfreut verkünden, dass sich inzwischen eine Nachfolgerin gefunden hat, die ebenso wie ihre Vorgängerin keine Angst hat vor Akten mit strafrechtlichem Inhalt und der selbstständigen Wahrnehmung von Gerichtsterminen in Zivilsachen.

Gerade Letzteres ist meiner bisherigen Erfahrung nach nicht sonderlich weit verbreitet, denn nicht wenige Referendare und auch manche Kollegen scheinen die geschützte Umgebung einer Kanzlei dem offensiven Alltag gerichtlicher Verhandlungstermine vorzuziehen. Wahrscheinlich eine Frage des Temperaments, wobei mir aufgefallen, ist, dass viele wortgewaltige "Schreibtischtäter" in Verhandlungen eher wortkarg sind.