Dienstag, 21. August 2012

Aktionsbüro Mittelrhein - Bericht von hinten links

Gestern begann beim Landgericht Koblenz das Strafverfahren gegen mutmaßliche Mitglieder und Unterstützer des Aktionsbüros Mittelrhein. Gemeinsam mit meiner Kollegin Katja Kosian und unserem Mandanten sitze ich ganz hinten links im Gerichtssaal, der mit 26 Angeklagten und 52 Verteidigern so eng besetzt ist, dass man sich winters ganz gut gegenseitig warmhalten könnte. Bei den momentanen Außentemperaturen, die im Inneren des Schwurgerichtssaals nur geringfügig tiefer sind, erweist sich dieser Umstand jedoch als wenig vorteilhaft und so schwitzt man nicht nur hinten links seine Robe durch.

Der Rheinzeitung konnte ich über den gestrigen Prozessauftakt entnehmen, dieser sei von "Gift und Galle" bestimmt gewesen. Ich kann dies so nicht bestätigen, was daran liegen mag, dass Strafverteidiger ein anderes Verständnis von Unstimmigkeiten haben als Journalisten oder schlicht daran, dass die Aussicht auf giftige Verteidiger und gallige Richter den Leser mehr ansprechen als die nüchterne Feststellung, dass zum Prozessauftakt Anträge seitens der Verteidigung gestellt wurden. Ich jedenfalls habe mich darüber gefreut, Kollegen zu treffen, die ich bislang entweder noch nicht persönlich kannte (Udo Vetter vom lawblog zum Beispiel) oder zum Teil seit dem Studium (!) nicht mehr gesehen hatte.

Die erwähnten Anträge des ersten Prozesstages bestanden neben solchen zur Frage der Besorgnis der Befangenheit, über die im morgigen Termin eine Entscheidung verkündet werden wird, in einem Antrag auf Nichtverlesung der Anklageschrift sowie einer Besetzungsrüge bezogen auf einen Ergänzungsrichter. Die Kammer nahm die Anträge entgegen und auch dies geschah unaufgeregt.

Am heutigen Prozesstag wurde zunächst ein Beschluss der Kammer verkündet, mit dem der Antrag auf Nichtverlesung der Anklageschrift zurückgewiesen wurde. Hierauf kündigten zwei Verteidiger unaufschiebbare Anträge an, kamen jedoch nicht dazu, diese zu stellen, weil zunächst die Anklageschrift verlesen wurde. Diese umfasst zwar über 900 Seiten, verlesen wird aber nur der sog. Anklagesatz, nicht hingegen das sog. Ergebnis der Ermittlungen, das den Löwenanteil der Anklageschrift darstellt. Trotzdem dauerte es 2 Stunden bis die beiden Staatsanwälte, die sich beim Verlesen abwechselten, die Anklage verlesen hatten.

3 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Die Aussage eines Strafverteidigers zum Vorsitzenden " "Wenn Sie sich vergiften, hätte ich nichts dagegen" finden Sie nicht "giftig"??

Kerstin Rueber-Unkelbach LL.M. hat gesagt…

Ein Schlagabtausch zwischen einem Verteidiger und dem OStA - nein, reicht mir. Würde mir nur dann reichen, wenn ich dem Leser vermitteln wollte, die Prozessbeteiligten hätten sich 6 Stunden in den Haaren gelegen.

Anonym hat gesagt…

Zwei Stunden vorlesen... was das dem Steuerzahler kostet.