Freitag, 31. Dezember 2010

Zur Einstimmung auf den Jahreswechsel

Was Sie an Silverster NICHT tun sollten - hier ein paar Anregungen:

http://www.youtube.com/watch?v=cwGExu2KlLI

Allen Lesern meines Blogs wünsche ich einen guten Rutsch in ein glückliches Hasen-Jahr 2011.

Mittwoch, 29. Dezember 2010

Alle Mann an Bord?

Nein, nicht alle. Der Angeklagte, mein Mandant, fehlte. Angesichts der Witterungsverhältnisse waren der Staatsanwalt und ich schon kurz davor, Wetten abzuschließen, wie lange es wohl dauern würde bis der Fahrdienst meinen Schützling bringen würde. Wir wurden jedoch vom Richter unterbrochen, der ungeachtet der Tatsache fehlender Vollzähligkeit zu unserem Erstaunen die Verhandlung eröffnete.

"Kommt Ihr Mandant nicht?", möchte der junge Richter wissen, der das Dezernat erst kürzlich übernommen hat.
"Mein Mandant sitzt warm und trocken in der JVA W.. Allein lassen die ihn da sicher nicht raus."
Dass mein Mandant immerhin schon seit Oktober die Gastlichkeit einer JVA genießt, war dem Gericht irgendwie entgangen und es war vergessen worden, den Mandanten ordnungsgemäß zu laden, weshalb es auch kein Transportersuchen an die JVA gab.

Es wurde hektisch in der Akte geblättert, festgestellt, dass sich aus dieser nicht ergibt, dass der Mandant einsitzt und dann wurde vertagt. Auf ein Neues im neuen Jahr!

Dienstag, 28. Dezember 2010

Weihnachtliche Nachwehen

Es ist schon erstaunlich. Kaum, dass die Leute durch die Feiertage und die damit verbundenen Verwandtschaftsbesuche gleichsam gezwungen sind, zumindest stundenweise ihre Zeit miteinander zu verbringen, gibt es kurz vor Jahresschluss die üblichen Nachwehen. Das ungewohnte Beisammensein, bei dem man -ähnlich Beerdigungen und Hochzeiten - gelegentlich Teile seiner Verwandtschaft trifft, die man Jahre nicht gesehen und mindestens ebenso lange nicht vermisst hat, lässt die Nerven blank liegen und die jeweilige persönliche Hemmschwelle für aggressive und dissoziale Impulsdurchbrüche gen Null wandern.

Dieses Jahr äussern sich besagte Nachwehen in meinen frisch angelegten Akten in
einem Scheidungsdrama, das vor Wochen eigentlich recht friedlich begonnen zu haben schien, über die Feiertage aber in die heisse Phase getreten ist, an deren vorläufigem Ende eine Wohnungszuweisung einerseits und ein Strafverfahren wegen Körperverletzung andererseits steht sowie in zwei Trunkenheitsfahrten, beide begangen nach einem Besuch bei der Schwiegermutter, die die jeweiligen Herrschaften offenbar nur angesäuselt ertragen konnten.

Allen drei Fällen ist Éines gemeinsam: als Verteidiger kann man den Mandanten sagen: "Im neuen Jahr kann´s nur besser werden."

Dienstag, 21. Dezember 2010

Das Damoklesschwert des JGG

Die Laien staunten, die Fachleute wunderten sich. Kürzlich waren sich in einem Verfahren gegen einen jugendlichen Mandanten alle Beteiligten uneinig, ob bei ihm zum Zeitpunkt der Hauptverhandlungen schädliche Neigungen vorlagen. Die nämlich sind Voraussetzung dafür, dass eine Jugendstrafe verhängt werden darf.

Die Jugendgerichtshilfe stammelte recht unsicher daher, dass er ja eigentlich ein schlimmer Finger sei, andererseits aber eine Lehrstelle in Aussicht habe. Der Staatsanwalt wollte sich ebenfalls nicht festlegen. Nur meine Auffassung, wonach man nicht von schädlichen Neigungen ausgehen könne, war ebenso klar wie situationsbefangen.

Das Gericht sprach meinen Mandanten des angeklagten Betäubungsmittelvergehens schuldig, setzte aber die Entscheidung über die Verhängung einer Jugendstrafe für 2 Jahre aus. Das geht laut Gesetz dann, wenn sich das Gericht über Vorliegen und Schwere der schädlichen Neigungen kein sicheres Bild machen kann. Für den Jugendlichen hat eine solche Entscheidung den positiven Effekt, dass er nicht "einrücken" muss, während über ihm das Damoklesschwert schwebt.

Der Erziehungsgedanke im Jugendgerichtsgesetz macht´s möglich. So wie früher, als uns unsere Eltern verboten, den Matheunterricht zu schwänzen und für den Wiederholungsfall die Streichung des Sommerurlaubs in Aussicht stellten - nur eben eine Spur härter.

Weihnachtspost in die JVA

Die Post, die um die Weihnachtszeit die meisten Kanzleien verlässt, ist meist gekennzeichnet durch die üblichen saisonalen Wünsche (Fest, Rutsch). Das ist nicht weiter schwierig, gebietet sich aber bei inhaftierten Mandanten nicht.

Soll man tatsächlich ein "frohes Fest" und einen "guten Rutsch" wünschen, wenn der Mandant sich in Haft befindet? Weihnachten im Knast ist nun mal kein frohes Fest im Wortsinne und der Rutsch ist auch nicht der beste.

Vielleicht eher ein "besinnliches Fest"? Aus dieser Formulierung kann man - wohl zutreffend schlußfolgern -, dass außer Besinnung nicht viel los sein wird und das wünscht man ja nun auch niemandem.

Bliebe das "gesegnete Weihnachtsfest", wobei diese Formulierung bereits bei nicht inhaftierten Mandanten Geschmacksache ist. Ein Anwalt ist für Segenswünsche ja gemeinhin nicht zuständig und inwiefern der Erklärungsempfänger gläubig ist, steht ihm ja nicht auf die Stirn geschrieben.

Wie man es macht, macht man es also falsch.

Wer statt Worten Taten bevorzugt, der kann seinem Mandanten aber auch eine Nussecke zur Hauptverhandlung mitbringen, so wie ich das gestern gemacht habe. Gegessen hat er sie leider nicht. Vor der Verhandlung war er zu aufgeregt und nach der Verhandlung hatte der Wachtmeister was dagegen. Schade eigentlich. Das hab ich auch schon anders erlebt.

Donnerstag, 16. Dezember 2010

Leere Drohung eines Vorsitzenden

Kürzlich bei einem Landgericht, das immer nur von einem Termin zum anderen plant, will sagen, es werden nicht gleich mehrere Termine im Voraus bestimmt, sondern man hangelt sich so von einem Termin zum anderen, was bei vielen Prozessbeteiligten immer einen ganz eigenen Charme hat, weil Kollisionen dann vorprogrammiert sind.

Als ich einige Terminsvorschläge damit kommentierte, dass ich am fraglichen Tag bereits bei einem anderen Gericht verhandele, setzte der Vorsitzende ein besonders bedeutsame Miene auf und meinte zu mir: "Dann müssen wir an Samstagen verhandeln." Sprach´s und sah mich (mit einem gaaaanz dünnen Lächeln) an, als ob er sagen wollte: "Und wenn du nicht lieb bist, versaut dir der Onkel das Wochenende."

Die Drohung mit samstäglichen Terminen ist nun wirklich das stumpfeste Schwert, das man gegenüber einem Strafverteidiger überhaupt auspacken kann. Samstagsverhandlungen sind doch toll - da drohen die wenigsten Kollisionen und - mal ehrlich - ob ich nun Samstag im Büro sitze und Akten bearbeite oder zuhause das Bad putze anstatt zu verhandeln, ist doch nun wirklich egal. Mir jedenfalls. Akten und Bad laufen ja schließlich nicht weg.

Deshalb habe ich dem Vorschlag auch ganz freudig zugestimmt, wohingegen sowohl den Schöffen wie auch dem Urkundsbeamten die Gesichtszüge einfroren. Es schien mir fast, als hätten die samstags was Anderes vor als heimelig beim Landgericht zu verhandeln. Sowas aber auch...?!

Leider wurde dann ein ganz normaler Wochentag bestimmt. Dabei hätte ich es uns allen doch so gegönnt.

Dienstag, 7. Dezember 2010

Papas Höchststrafe

Nicht nur das Gesetz kennt Höchststrafen. Jeder weiß, dass Mord mit der Höchststrafe, lebenslänglich, bedroht ist.

Bei der Bigamie, die sich juristisch "Doppelehe" nennt, kann man sich bis zu drei Jahren Freiheitsstrafe fangen, was angesichts der Nebenstrafe zweier Schwiegermütter noch recht milde scheint.

Mein Vater fing sich übrigens unlängst eine ganz persönliche Höchststrafe: eine Einladung zum Adventskaffeekränzchen bei einer Freundin meiner Mutter. Ganz harter Tobak!

Da freu ich mich doch, dass mein Drucker wieder funktioniert, dessen Ausfall meine persönliche Höchststrafe der vergangenen Woche darstellte.