Donnerstag, 31. März 2011

Freispruch, die 2. - Fortsetzung von: Bitte mehr Drama

Ich hatte hier über einen Prozess berichtet, der nach einer erfolgreichen Revision der Staatsanwaltschaft gegen das freisprechende Urteil in die 2. Runde ging und der die örtliche Presse aus den Löchern gelockt hatte. Gestern wurde mein Mandant erneut freigesprochen. Die Presse war nicht zugegen, auch nicht der wissbegierige Reporter, der mich zum Prozessauftakt mit seinen Fragen genervt und keine ihn zufriedenstellende Antwort bekommen hatte. Ein Freispruch ist wohl nicht dramatisch genug. Schade eigentlich.

Montag, 28. März 2011

Wildpinkler verhaftet

Zugegeben, es ist unschicklich, außerhalb von dafür vorgesehenen Toilettenanlagen zu urinieren. Dass es in diesem Fall die Wand einer Polizeiwache traf, macht die Sache nicht besser, sondern für den Betroffenen eher schlimmer. Ob er den Ort, sein durchaus menschliches Bedürfnis zu erfüllen, fahrlässig oder vorsätzlich ausgewählt hat, bleibt ungeklärt. In Abwandlung zu dem Spruch "Trau, schau wem" könnte man formulieren "Trau, schau wohin".

Dienstag, 22. März 2011

Richter möchte unverbrauchte Zeugen

Heute Vormittag war ich beim Amtsgericht E..

Eine OWi-Sache, und zwar eine solche, bei denen es um eine Lasermessung ging. Die mir übersandte Akte war - nun sagen wir - überschaubar. Die Dokumentation der Messbeamten beschränkte sich auf das Allerwesentlichste, Bilder liegen logischerweise keine vor (Lasermessung!) und mein Mandant, der angehalten worden war und dem man das Messgerät gezeigt hatte, sah darauf rotleuchtende Zahlen, mit denen er als Laie nicht viel anzufangen wusste, und die ihn nicht dazu veranlassten, auf das Angebot der Polizeibeamten (Zahlung einer Geldbuße) einzugehen.

Gründe, die für Zweifel an der Richtigkeit der Messung sprechen, hatten wir vorgetragen, entsprechende Beweisanträge hatte ich im leichten Handgepäck und wartete nun auf die Vernehmung der Polizeibeamten.

Der Vorsitzende, der durchblicken ließ, dass Lasermessungen aufgrund der fehlenden Bilddokumentation auch nicht zu seinen Favoriten zählen, vernahm die Zeugen indes nicht. Er halte die Einholung eines Gutachtens für angezeigt und werde zum nächsten Termin Zeugen und Gutachter laden. Er wolle lieber unverbrauchte Zeugen.

Ein klarer Standpunkt. Nachvollziehbar, prozessökonomisch und souverän.

Donnerstag, 17. März 2011

Wie man es bei jurablogs unter die Top Ten schafft

Der Kollege Fischer mutmaßt hier, dass es an Verlinkungen der Top Ten untereinander liegen könnte, dass sie mit ihren Blogs dort stehen, wo sie stehen.

Ich habe dies (obwohl ich infolge einer mehr als einwöchigen Blogpause auf Platz 11 abgerutscht bin, ansonsten aber schon länger unter den Top Ten weile) mal zum Anlass genommen, nachzusehen, wann ich zuletzt verlinkt wurde. Ergebnis: in diesem Jahr noch gar nicht. Ich selbst habe dafür in diesem Jahr aber schon einen Link gesetzt zu einem Kollegen, der nicht in den Top Ten ist. Den zweiten setze ich mit diesem Post heute, nämlich auf das Blog des Kollegen Fischer. Das haben seit Bestehen seines Blogs auch schon andere Kollegen, vorwiegend solche aus den Top Ten, getan.

Die Statistik, die jeder bei Jurablogs abrufen kann, besagt, dass seit 2008 91 Links aus 23 anderen Blogs auf mein Blog gesetzt wurden, während ich selbst 37 Links auf 15 andere Blogs gesetzt habe. Von "fröhlichen Klickspielchen" zu sprechen, erscheint mir daher verfehlt, zumal die ein- und ausgehenden Verlinkungen zusammen nur 25% ausmachen. 70% hingegen entfallen auf die Leserzahl und die Frequenz des Bloggens.

Langer Anlauf und eine ganz schnelle Nummer

Der Termin in der Ordnungswidrigkeitensache war mehrfach aufgehoben worden. Irgendwie fanden der Richter und ich nicht zueinander, da er sich standhaft weigerte, telefonisch Termine mit mir abzustimmen.

5 Terminierungsversuche ging das dann so:
Schreibarbeit Geschäftststelle (Ladung)
Schreibarbeit hier (Aufhebungsantrag)
Schreibarbeit bei seiner Geschäftsstelle (Aufforderung zur Galubhaftmachung)
wieder Schreibarbeit hier (brav glaubhaft gemacht, wenngleich kopfschüttelnd)
Schreibarbeit dort (Terminsaufhebung)
- dann weiter wie oben - Das Amtsgericht schickte die meisten Schreiben übrigens per Post, so dass dort auch noch Portokosten anfielen.

Kürzlich war es soweit: Hauptverhandlung. Der Richter hatte wenige Tage zuvor gewechselt, so dass ich den, der die Schreibarbeit verursacht hatte, nicht fragen konnte, weshalb er sich so strikt geweigert hatte, erst zu telefonieren und dann die Ladung rauszuschicken.

Der neue Richter sah das erfrischend anders und wir vereinbarten noch im Sitzungssaal einen neuen Termin. Der war nötig geworden, weil sein Kollege über das Terminierungschaos vergessen hatte, die Zeugen zu laden. Die Hauptverhandlung dauerte daher gerade mal 12 Minuten.

Dienstag, 15. März 2011

Rechtsmittel im Jugendstrafrecht

Gegen Urteile des Jugendrichters ist entweder Berufung oder Revision zulässig. Legt eine Partei Revision ein, die andere aber Berufung, dann hat die Berufung Vorrang.

Kürzlich habe ich gegen ein Urteil des Jugendschöffengerichts zunächst unbestimmt Rechtsmittel eingelegt. Dies macht man immer dann, wenn man noch nicht entscheiden kann oder will, welches Rechtsmittel mehr Sinn macht. Nachdem mich das Protokoll der Hauptverhandlung erreichte, war klar, dass es eine Revision sein sollte und ich bestimmte das eingelegte Rechtsmittel im Nachhinein als Revision.

Ich staunte nicht schlecht, als mich kurze Zeit später ein Schreiben der Jugendstrafkammer des Landgerichts erreichte, in dem nachgefragt wurde, mit welchem Ziel die Einlegung der Berufung erfolgte. Hoppla. Hatte etwa die Staatsanwaltschaft Berufung eingelegt und damit meine Revision gesperrt? Die ergänzte Akte lag mir noch nicht vor, so dass ich dies nicht überprüfen konnte. Ein Anruf bei der Vorsitzenden brachte Klärung: die Übersendung der Akte an das Landgericht hatte sich mit meiner Bestimmung des Rechtsmittels als Revision überschnitten. Nun ist alles auf dem richtigen Weg: die Akte auf dem Weg zum Oberlandesgericht und die Zweitakte auf dem Weg zu mir.

Montag, 14. März 2011

Wir überprüfen Sprichwörter - heute: Die Mühlen des Gesetzes mahlen langsam

Gerichte, die erstinstanzlich Urteile in Strafsachen sprechen, können dem mit der Revision beauftragten Verteidiger übel mitspielen und diesem die Frist zur Revisionsbegründung verkürzen.

Die Monatsfrist zur Begründung der Revision beginnt spätestens dann zu laufen, wenn das Urteil zugestellt wurde.

Um Verfahrensrügen erheben zu können, benötigt man das Protokoll der Hauptverhandlung, weshalb man bereits mit Einlegung der Revision das Protokoll der Hauptverhandlung anfordert, damit man es auf jeden Fall hat, wenn das Urteil eintrifft und die Begründungsfrist zu laufen beginnt.

Das Protokoll der Hauptverhandlung hatte ich mit Einlegung der Revision bereits im Dezember vergangenen Jahres erstmalig angefordert, ohne dass hierauf reagiert worden wäre.

Das Urteil wurde vergangene Woche zugestellt, das Protokoll der Hauptverhandlung nicht. Telefonate mit der Geschäftsstelle des Landgerichts B. ergaben, dass man die Akte mitsamt Protokollband an die Staatsanwaltschaft geschickt habe. Eine Nachfrage dort ergab, dass man sie erstmal kopieren wolle (was 3-4 Tage in Anspruch nehme) und alsdann an das Landgericht zurück senden werde. Daraufhin rief ich bei der Geschäftsstelle des Landgerichts an und bat um umgehende Rückforderung der Akte und Übersendung an mich. Das sagte man immerhin zu.

Man muss kein Prophet sein um erahnen zu können, dass mir das Protokoll noch immer nicht vorliegt, während die Frist läuft und läuft und läuft.

Was man dagegen tun kann? Nicht besonders viel, außer Bombardements mit Faxen und Anrufen an die Geschäftsstelle (wobei die dortigen Mitarbeiter am wenigsten dafür können, dass die Akte nebst Protokollband noch nicht an mich abverfügt ist), ggf. Weiterleitung des Sachverhalts an die Dienstaufsicht, sich darauf einstellen, dass man zur Fertigung der Revisionsbegründung die ein oder andere Nachtschicht einlegen muss und feststellen, dass das Sprichwort stimmt.

Freitag, 11. März 2011

Tag der seltsamen Anrufe

Heute ist wieder mal ein Tag der seltsamen Anrufe.

Seltsamer Anruf 1:
Herr W, der angibt, psychiatrischer Gutachter zu sein, ruft an, um mit mir über meinen Mandanten X zu sprechen. Ich kenne Herrn W nicht, nicht persönlich und auch nicht in seiner Eigenschaft als Gutachter, viel weniger bin ich geneigt, mit ihm Schwätzchen über Mandanten zu halten. Ich bitte um Verständnis dafür, dass ich grundsätzlich nicht mit mir unbekannten Personen, denen gegenüber ich denknotwendig auch nicht von der Verschwiegenheitsverpflichtung entbunden bin, über Mandanten am Telefon parliere und bitte um schriftliche Kontaktaufnahme. Der Anrufer ist hiervon nicht begeistert, aber ihn zu begeistern ist schließlich auch nicht meine Aufgabe.

Seltsamer Anruf 2:
Meine Reno teilt mit, Herr Y von der Firma Z sei am Apparat. Er wolle mich gerne einladen und hierzu einige technische Details mit mir besprechen. Die Firma Z ist mir geläufig. Sie vertreibt juristische Literatur. Herrn Y kenne ich nicht und ich lege auch keinen Wert, von ihm eingeladen zu werden und technische Details (!) will ich mir ihm auch nicht besprechen. Wenn ich ein technisches Problem habe, rufe ich den dafür zuständigen Monteur an und gut ist.
Weisungsgemäß richtet ihm meine Reno die von ihr selbst sorgfältig entschärfte Version aus, er möge seine Einladung samt technischer Details zusenden und im Übrigen von Anrufen absehen. Herr Y ist pikiert.

Seltsamer Anruf 3:
Eine Mandantin ruft mich während ich unterwegs bin, auf dem Notfallhandy an, weil sie wissen möchte, ob das Gericht schon einen neuen Hauptverhandlungstermin bestimmt hat, nachdem es den Ende April (!) aufgehoben hat. Meine Reno, mit der sie gerade telefoniert habe, habe ihr dazu nur gesagt, dass eine neue Ladung noch nicht eingegangen sei und wir sie benachrichtigen würden, wenn dies geschehe.
Nicht gerade ein Notfall und nein, ich kann von unterwegs leider auch nicht mehr dazu sagen.

Liebe Leser, Zeit für´s Wochenende!

Am letzten Telefonmast links ab

Manchmal bescheren einem Strafprozesse Ausflüge in Gegenden, die man bislang nur als weiße Flecke auf der Landkarte wahrgenommen hat. Gestern war so ein Ausflugstag. Ein Zeuge, der aus gesundheitlichen Gründen nicht ins Gericht kommen konnte, wurde an seinem Wohnort vernommen. Diesen Wohnort kannte das Navigationssystem in meinem Auto nur ungefähr. Jedenfalls ließ die Dame mit der leicht nervigen Stimme irgendwann verlauten: "Routenführung endet hier. Ihr Ziel befindet sich in 200 Metern auf der rechten Seite." Aha. Ein Blick nach rechts folgte - Wald. Kein Feldweg, geschweige denn eine asphaltierte Straße. Nirvana.

Ein Anruf bei der Mandantin schaffte Abhilfe. Sie lotste mich auf eine Straße, die zwischen zwei Gemeinden lag, die zusammen wohl keine 500 Einwohner haben. Von dieser Straße führe ein Weg ins Tal: "Am letzten Telefonmast links ab." Danach brach die Handyverbindung ab. Die Dame aus meinem Navigationssystem hatte sich zwischenzeitlich ausgeklinkt und schwieg. Dumme Nuß! Sonst quatscht sie einen zu mit Geschwindigkeitswarnungen und wenn man sie mal braucht, herrscht Funkstille.

Irgendwann fand ich das beschauliche Haus im tiefen Tal. Das Gericht war übrigens schon vor Ort. Der Fahrer des Dienstwagens hatte keine Probleme gehabt, das Haus zu finden. Entweder hat er eine schlauere Navidame als ich oder er kannte sich aus.