Dienstag, 6. März 2012

Missbrauch und Minirock

8 Jahre soll er gekriegt haben, der Vater, der seine Tochter missbraucht haben soll und irgendwie werde ich den Gedanken nicht los, dass es für den Angeklagten hätte besser laufen können, wenn sein Verteidiger nicht gar so unglücklich agiert hätte. Doch von vorne:

Eine Kollegin bat mich, für sie einen Termin in einer Nebenklagesache wahrzunehmen. Gegenstand: sexueller Missbrauch Vater an Tochter. Der Angeklagte bestritt die Taten. Ich kenne derartige Verfahren, allerdings als Verteidiger und weniger als Vertreter der Nebenklage und war gespannt auf den Ausflug ins eher ungewohnte Terrain.

Ein entspannter Staatsanwalt begrüßte mich mit den Worten: "Heute sitzen Sie ja mal auf der richtigen Seite" und bald kannte ich auch den Grund seiner Tiefenentspanntheit. Für die An- und Nebenklage konnte es besser nicht laufen. Der Verteidiger hatte allerhand Leumundszeugen im Gepäck, die u.a. dazu bekunden sollten, dass die Nebenklägerin sich häufig aufreizend angezogen haben soll. Was das nun sollte bei einem Angeklagten, der die Vorwürfe leugnet, erschloss sich mir nicht. Hätte er nun ein kleinlautes Geständnis abgelegt, und sich damit verteidigen wollen, das Opfer habe ihn zur Tat provoziert, wäre das für sich genommen zwar geschmacklos gewesen, aber wenigstens hätte man einen Zusammenhang erkennen können. Da er aber diese Strategie nicht gewählt hatte, grenzten die Fragen nach der Rocklänge, die eher eine Kürze gewesen sein soll, an groben Unfug.

Die Kammer hörte sich geduldig die Zeugen an, die die Standardfrage des Verteidigers, ob denn die Nebenklägerin häufiger mal Miniröcke und tiefe Ausschnitte getragen habe, brav bejahten.

Das Milieu, aus dem die Zeugen stammten, kennt der geneigte Leser aus nachmittäglichen Gerichtssendungen, so dass der Sache ein gewisser Unterhaltungswert nicht abzusprechen war. Es ergaben sich mehrfach Gelegenheiten zum Stellen zielführender Beweisanträge, etwa auf Einholung von Sachverständigengutachten, aber keiner dieser Anträge wurde gestellt.



Ich räume ein, dass mich Teile der Verhandlung sehr amüsiert haben. Wenn ich mir aber den Angeklagten in Erinnerung rufe, der wie ein begossener Pudel neben seinem Verteidiger hockte und mitbekam, dass dessen Agieren für Heiterkeit sorgte, dann schlägt das Verteidigerherz.




1 Kommentar:

Anonym hat gesagt…

Irgendwie werde ich den Gedanken nicht los, hier könnte ein Unschuldiger verurteilt worden sein :(