Donnerstag, 24. Mai 2012

Fremdgehen auf Juristisch

Wir Juristen sind ja bekannt für unsere zum Teil recht "eigene" Sprache.

Eine besonders gelungene Formulierung aus dem Bereich des Familienrechts berichtete mir gerade ein Kollege, dessen Mandantin angeblich wegen eines anderen Mannes ihren Ehemann verlassen haben soll.

Der Anwalt des Ehemannes formulierte das in der Scheidungsantragsschrift so:

"Die Antragsgegnerin brach aus einer intakten Ehe aus um sich in geschlechtsvertraulicher Absicht einem hierzu bereiten Dritten zuzuwenden."



Montag, 21. Mai 2012

Ich Seelchen

Ein Mandant hat die Beschädigung seines Autos zu beklagen. Ich bitte um Hereingabe von Lichtbildern, die die Beschädigungen zeigen.

Er sendet sie mir zu als Anhang zu einer Email, die da lautet:

"Nicht erschrecken! Das Auto sieht schlimm aus."

Dass ich beim Anblick der Fotoanlagen der zuletzt hier eingetrudelten Obduktionsberichte nicht erschreckte, habe ich mal als gutes Zeichen gewertet und mutig den Anhang geöffnet. Ich darf nun mitteilen, keinen seelischen Schaden beim Anblick eines beschädigten Fahrzeuges genommen zu haben.

Mittwoch, 16. Mai 2012

Mutti, Vati und Frau Fensterguck

Eine Beklagte, nennen wir sie Mutti, hatte beim Rückwärtsfahren das parkende Auto meines Mandanten "erwischt". Anlass, den Unfall zu melden, sah sie nicht. Vielleicht rechnete sie auch einfach nicht mit einer aufmerksamen Dame, die das Geschehen zufällig vom Fenster eines nahegelegenen Hauses beobachtet hatte. Vom Gericht befragt, erklärte sie, von einem Unfall nichts bemerkt zu haben.

Die Klage war rasch diktiert und - nachdem Mutti bestritt, dass die Spuren am Fahrzeug meines Mandanten vom ihrem Fahrzeug stammten - stieg das Gericht in die Beweisaufnahme ein. Dabei waren neben Gericht, Sachverständigem und Anwälten: die Zeugin Fensterguck sowie Mutti nebst Gatte (nennen wir ihn Vati). Vati guckte angespannt, Mutti noch angespannter.

Frau Fensterguck bestätigte nicht nur, dass es das Fahrzeug der Beklagten war, dass das Auto meines Mandanten erwischt hatte, sondern auch, dass es einen ziemlichen Knall gegeben habe. Der hinzugezogene Sachverständige bestätigte, dass die Unfallspuren durchaus zu den beiden Autos passen. Meine Frage, ob man als Fahrer gemerkt haben muss, dass man wogegen fährt, beantwortete er dahingehend, dass er - wäre man im Strafprozess - die Wahrnehmbarkeit auf jeden Fall bejahen würde.

Vati blickte Mutti mürrisch an, Mutti blickte unter sich.

Dabei hatte Mutti Glück gehabt. Im Strafverfahren gegen sie wegen Unfallflucht war sie mit der Behauptung, nichts bemerkt zu haben, durchgekommen und das Verfahren war eingestellt worden.

Montag, 14. Mai 2012

Diebstahl von ungefähr zwei Hosen

Manche Akten, die einem auf den Tisch flattern, sind sogenannte Blindschleichen. Die Angaben der Zeugen sind mehr als vage, die Anklage nebulös und der Eröffnungsbeschluss offenbar von dem Wunsch getragen, in der Hauptverhandlung Licht ins Dunkel bringen zu können.

Kürzlich hatte ich mal wieder so eine: Mehrere Personen sollen gemeinsam in einer Boutique gestohlen haben. Dabei erwischt worden waren sie nicht. Eine Verkäuferin will kurze Zeit nachdem die Personen den Laden verlassen hatten, leere Kleiderbügel ausgemacht haben. Einer ihrer Kollegen nahm die Verfolgung auf, konfiszierte die Handtaschen der verdutzten Verdächtigen, wurde nicht fündig, alarmierte die Polizei, die auch noch das Fahrzeug der angeblichen Diebe ergebnislos durchsuchte und - erstattete Strafanzeige.

Die Ermittlungen endeten in einer Anklage, in der davon die Rede war, es seien zwei Hosen und eine Jacke im Wert von 80 € gestohlen worden. Die Angaben zum Stehlgut waren indes unterschiedlich gewesen und reichten von einer bis zwei Hosen und ebensovielen Collegejacken.

In der Hauptverhandlung gerieten die Angaben noch mehr ins Wanken. Zwischen zwei bis drei Hosen und einer bis zwei Jacken, wahlweise Blazer oder College sollten abhanden gekommen sein.

Die Vorsitzende sprach die Angeklagten frei und erläuterte gegenüber den Zeugen, man habe nicht genügend Anhaltspunkte für eine Tatbegehung. Wenn nicht einmal klar sei, was weggekommen sei, könne man niemanden deswegen verurteilen. Stimmt.