Montag, 23. Juli 2012

Wir überprüfen Sprichwörter. Heute: Neue Besen kehren gut

Mein lieber Kollege Werner Siebers, das Kantholz aus Braunschweig, mit dem zusammen ich nahezu ein Jahr lang im sog. Bulgari-Verfahren verteidigt habe, kommentierte einen meiner Blogbeiträge wie folgt:

Alte Krawallschachtel, so kennt man ihn, den Besen aus Ko ;-))))

Ich wurde in der Vergangenheit schon als "Trümmerkuh" (ein Staatsanwalt) und "Hexe" (ein gegnerischer Kollege in einem Zivilprozess) benamt. Dagegen nimmt sich "Besen" fast schon niedlich aus. Von den Bezeichnungen nehme ich übrigens nur die "Hexe" ein wenig übel. Die "Trümmerkuh" stammt von einem durchaus geschätzten Staatsanwalt, der zwar zu klaren Worten neigt, aber nie unfair ist.

Das Sprichwort: Neue Besen kehren gut (aber die alten kennen die Winkel besser) meint, dass Neuerungen viel bewirken können bzw. eine Person, die gerade neu in einem Job ist, besonders motiviert ist, wohingegen eine erfahrene Person manche Winkel(züge) kennt, die einem Anfänger nicht bekannt sind.

Demnach bin ich eine Mischung aus altem, neuem und noch ein paar anderen Besen. Mit 14 Berufsjahren durchaus erfahren, dabei immer noch neugierig und motiviert kehre ich auch schon mal ganz gerne mit eisernem Besen und habe vor Überraschung auch schon den ein oder anderen Besen gefressen. Manchmal bin ich auch das, was der Kollege Siebers meinte: ein schlimmer Besen. 

Ergebnis: das Sprichwort stimmt.

Gleich mache ich Feierabend und schwinge mich auf meinen Besen um nach Hause zu reiten. ;-)

Freitag, 20. Juli 2012

Die Krawallschachtel und der Leisetreter

In einem Verfahren vor einem LG, in dem ich als Pflichtverteidigerin beigeordnet war, lieferte ich mir einen fast einjährigen, zum Teil zähen Kampf mit Staatsanwaltschaft, Nebenklage und nicht zuletzt auch der Strafkammer. Am Ende des Verfahrens versicherte mir der Vorsitzende glaubhaft, nicht wirklich traurig darüber zu sein, mich fürs Erste nicht mehr zu sehen.

Einige Zeit später beantragte ich beim zuständigen Oberlandesgericht eine sogenannte Pauschalvergütung, d.h., eine Vergütung, die über die Pflichtverteidigergebühren hinausgeht. Eine solche Pauschalvergütung wird üblicherweise zugesprochen, wenn die Sache besonders schwierig und/oder umfangreich war. Bevor das OLG über den Antrag entscheidet, holt es das Votum des Vorsitzenden der Kammer ein.

Dort las ich, dass nach Auffassung des Vorsitzenden "der Aufwand der Verteidigerin, die viele Beweisanträge stellte und sich in dem gesamten Verfahren sehr engagierte, deutlich über dem des Nebenklägervertreters, dessen Stellungnahmen und Aktivitäten sehr überschaubar waren" lag. Deshalb müsse "die der Verteidigerin zu gewährende Pauschalgebühr deutlich über der des Nebenklägervertreters liegen".

Aha. Engagiert. Das klingt freundlich. Ob es auch tatsächlich so gemeint war, weiß ich nicht. Seit ich die Stellungnahme desselben Vorsitzenden in demselben Verfahren zu einem Pauschalantrag des Nebenklägers gelesen habe, hege ich Zweifel. Darin heisst es nämlich, dass das Gericht sich mit einer Vielzahl von Anträgen der Verteidigung zu beschäftigen hatte, was im Wesentlichen "auf die konfrontative Strategie der Verteidigerin" zurückzuführen gewesen sei. Von "engagiert" war darin jedenfalls keine Rede.

Ein Kollege, dem ich davon berichtete, meinte spontan: "Ist doch klar. Du warst die Krawallschachtel und der Nebenklagevertreter der Leisetreter."

Na denn. Besser als umgekehrt.


Mittwoch, 11. Juli 2012

Das unmoralische Angebot - 20000 Euro für einmal Sex

Was in Hollywood geht, das geht auch im Hunsrück, dachten sich offensichtlich eine Lehramtsstudentin und deren Lebensgefährte. Die Studentin nahm das Angebot eines Mannes, gegen Zahlung von 20000 Euro mit ihm Geschlechtsverkehr zu haben, an. Zu dem Schäferstündchen kam es zwar unter recht unromantischen Umständen, nicht aber zur Zahlung:

http://www.rhein-zeitung.de/regionales_artikel,-Hunsrueck-20000-Euro-fuer-einmal-Sex-Studentin-glaubte-es-_arid,451416.html

Immerhin zweieinhalb Jahre kassierte der Mann für sein Angebot.

Seit Einführung des Prostitutionsgesetzes ist die Forderung von Dirnenlohn nicht mehr sittenwidrig, d.h., Forderungen von Prostituierten sind grundsätzlich nach Erfüllung der Leistung begründet und mit wenigen Ausnahme sind Einreden und Einwendungen ausgeschlossen. Ob dies auch dann gilt, wenn eine nicht marktübliche Forderung geltend gemacht wird, hat das Amtsgericht offenbar angenommen.