Freitag, 8. November 2013

Aktionsbüro Mittelrhein - da waren´s wieder 26

Für heute Vormittag war die Verhandlung gegen die 4 Angeklagten vorgesehen, gegen die das Gericht am 05.11.2013 das Verfahren abgetrennt hatte.

Nach dem Antrag der Staatsanwaltschaft auf Abtrennung am vergangenen Dienstag war alles sehr schnell gegangen. Die Staatsanwaltschaft stellte den Antrag, das Gericht zog sich zur Beratung zurück und verkündete danach den Abtrennungsbeschluss.

§ 33 StPO bestimmt:
 Eine Entscheidung des Gerichts, die im Laufe einer Hauptverhandlung ergeht, wird nach Anhörung der Beteiligten erlassen.

Nachdem keine Anhörung erfolgt und dies gerügt worden war, wurden die abgetrennten Verfahren heute wieder mit dem Ursprungsverfahren verbunden.

Donnerstag, 7. November 2013

Mandate, die die Welt nicht braucht

Der potentielle Mandant war in U-Haft eingerückt. Kein unbeschriebenes Blatt, mehrere Bewährungsstrafen offen, polytoxikoman (vulgo: zieht sich alles rein, was Karussell in der Birne macht). Er bittet mich dringend um einen Besuch, den ich ihm 2 Tage später abstatte.
Zunächst ist die Freude groß.

Er schildert mir, dass es eine Frechheit ist, dass er ist wo er ist und die Haftrichterin nicht mehr alle Latten am Zaun habe. Der habe er gesagt, sie ruiniere seine Drogentherapie, wenn sie ihn einsperre. Ich hake nach. Stationär? Nee, ambulant, bei der Suchtberatung. Da gehe er alle 2 Wochen hin, wenn er es schaffe. Aha.
Das ist nun ungefähr so wie wenn jemand behauptet, er könne Klavierspielen und in Wahrheit schafft er mit Ach und Krach den Flohwalzer.
Ich überlege laut, dass von einer ruinierten Therapie wohl keine Rede sein könne und es auch in der JVA eine Drogenberatung gebe. Das, so der potentielle Mandant, habe die Haftrichterin auch gemeint. Sieh einer an. "Ach" entfährt es mir und die Züge meines Mandanten verfinstern sich.

Einen Anwalt habe die ihm auch gleich beigeordnet, den Herrn N.. Herr N. ist von Hause aus Verkehrsrechtler und wie es zu seiner Beiordnung kam, werde ich nie erfahren, aber sei's drum.

Ich erläutere ihm, dass ich bereit sei, ihn als Wahlverteidigerin zu vertreten. Er ist einverstanden. Von Herrn N. habe er nichts Gutes gehört hier. Den wolle er auf gar keinen Fall.

Bezahlen könne er meine Dienste sobald er wieder draußen sei. Ich erkläre ihm, dass die von ihm angedachten Reihenfolge nicht meine Zustimmung findet und er wird laut. Ein bisschen mehr Interesse und Rücksicht habe er erwartet von mir, ich sei ihm schließlich empfohlen worden.

Es hilft nichts. Ich beende das Gespräch und lasse mir den nächsten Häftling bringen, der auf meiner Liste steht. Es kann nur besser werden.

Als ich einige Zeit später die JVA verlasse, spricht mich am Ausgang ein Bediensteter an. Der Zahlungsunwillige habe eine "Riesenwelle" gemacht, weil man ihn für meinen Besuch, den er weder bestellt noch gewollt habe (hört, hört), aus dem Bett geschmissen habe (es war übrigens 11.30 Uhr als er mir gebracht worden war). Rechtsanwalt N. sei sein Anwalt und nur mit dem wolle er sprechen.
Sicher wird der Kollege N. seine helle Freude haben.




Mittwoch, 6. November 2013

Aktionsbüro Mittelrhein: Da waren´s nur noch 22

Am 88. Hauptverhandlungstag beantragte die Staatsanwaltschaft die Abtrennung des Verfahrens gegen 4 der insgesamt 26 Angeklagten. Die 4, allesamt zum Zeitpunkt der vorgeworfenen Taten Jugendliche bzw. Heranwachsende, hatten zu Beginn des Prozesses Aussagen gemacht.

Abtrennung unjuristisch formuliert bedeutet, dass das Gericht einzelne Angeklagte aus einem laufenden Prozess herauslösen kann, wenn es der Meinung ist, dass die Anklagevorwürfe, die sie betreffen, hinreichend geklärt (urteilsreif) sind.

Für das Vorgehen nach Abtrennung stellt sich die Frage, welches Gericht für den Fall der Abtrennung von Jugendlichen und Heranwachsenden für das weitere Verfahren zuständig ist.

Schaut man sich das Gesetz an, scheint es eigentlich recht eindeutig zu sein: zuständig für Straftaten Jugendlicher und Heranwachsender ist ein Jugendgericht. Das wäre hier die Jugendkammer des Landgerichts Koblenz.
Ausnahme von dieser Regel: wenn ein Erwachsener mitabgetrennt würde, bliebe es bei der Zuständigkeit der Staatsschutzkammer, nichts müsste wiederholt werden.

Trotzdem werden die 4 bei der Staatsschutzkammer zu Ende verhandelt. Die Staatsanwaltschaft hatte in ihrem Antrag auf Abtrennung thematisiert, dass man sich vorliegend nicht am Wortlaut des Gesetzes orientieren, sondern vielmehr im Blick haben müsse, dass der Gesetzgeber wohl infolge eines Redaktionsversehens Absatz 3 des § 103 JGG nicht geändert habe.

Die Verhandlung gegen die Angeklagten, deren Verfahren abgetrennt wurde, findet bereits am Freitag, dem 08.11.2013 statt.