Donnerstag, 10. Dezember 2015

Bloß keinen Ärger machen

Die Rechtsordnung sieht vor, dass Täter, die eine Straftat gemeinsam begangen haben, auch gemeinsam verhandelt werden. Von diesem Grundsatz darf ein Gericht nur unter engen Voraussetzungen abweichen, mit anderen Worten: es muss schon gute Gründe geben, weshalb man Mittäter getrennt verhandelt.

Ein nicht so guter Grund ist es beispielsweise, wenn ein Gericht einen Mittäter deshalb abtrennt, weil sein Verteidiger mitteilt, an zwei vom Gericht vorgeschlagenen Terminen in näherer Zukunft verhindert zu sein und danach keinerlei Anstrengungen mehr unternimmt, Ausweichtermine zu finden, an dem alle Angeklagten und ihre Verteidiger zur Verfügung stehen.

Aber selbst bei gutem Grund ist den Mitverteidigern vor der Abtrennung rechtliches Gehör zu gewähren, § 33 StPO, d.h., sie dürfen Einwendungen gegen die beabsichtige Abtrennung anbringen.

Vor nicht allzu langer Zeit verabsäumte es eine große Strafkammer in einer Sache mit acht Angeklagten, die Bandendelikte zum Gegenstand hatte, rechtliches Gehör zu gewähren und übersandte schlicht den Abtrennungsbeschluss.
Die rechtlich einzig richtige Reaktion hierauf ist ein Antrag nach § 33a StPO auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand aufgrund Nichtgewährung rechtlichen Gehörs. Sinnvollerweise nimmt man in dem Antrag nach § 33a StPO auch gleich Stellung dazu, welche Bedenken man gegen die Abtrennung vorgebracht hätte, wäre man denn angehört worden.

Neben mir stellten von den weitern sieben Mitverteidigern exakt zwei Anträge nach § 33a StPO, der Rest tat nichts. Ich glaube kaum, dass dieser Umstand der Unkenntnis der Kollegen geschuldet war (fast alle führen die Berufsbezeichnung "Fachanwalt für Strafrecht"). Es ging - zumindest dem einen Kollegen, den ich auf die Sache angesprochen habe - darum, "dem Gericht keinen Ärger zu machen". Ich habe dem Grunde nach nichts gegen Kollegen, die ein höheres Harmoniebedürfnis haben als ich, aber wenn ein Gericht vor Erlass eines Abtrennungsbeschlusses die Verfahrensbeteiligten nicht anhört, obwohl das Gesetz es so vorsieht, dann wäre es doch wenn überhaupt an der Verteidigung, sich hierüber zu ärgern und nicht am Gericht, sich darüber zu ärgern, dass ein Verteidiger zugunsten seines Mandanten tätig wird und einen entsprechenden Antrag stellt.

Das Gericht hat auf die gestellten Anträge nach § 33a StPO übrigens richtig reagiert. Der Abtrennungsbeschluss wurde rückgängig gemacht.  





2 Kommentare:

Miraculix hat gesagt…

> Ich habe dem Grunde nach nichts gegen Kollegen,
> die ein höheres Harmoniebedürfnis haben als ich...
Sie meinen Urteilsbegleiter?
Gegen Solche sollte man aber schon einiges haben.
Die Abtrennung kann für den Mandanten nämlich auch
ganz schon dumm ausgehen.

Kerstin Rueber-Unkelbach LL.M. hat gesagt…

Nein, Urteilsbegleiter waren nicht mit von der Partie. Man muss kein solcher sein um ein höheres Harmoniebedürfnis zu haben als ich. ;-)
Und ich bin völlig bei Ihnen, dass Abtrennung oft nicht vorteilhaft ist. Darum ärgerte es mich ja auch so, dass die Mehrzahl auf die Anhörungsrüge verzichtet hatte.